(Foto: Martin Vogel)

Geschäftsführer Heiko Schelberg im großen Sommerinterview

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Die letzte Saison war für unsere GIESSEN 46ers eine ganz Besondere: 50 Jahre easyCredit BBL, ein neues Team und vor allem einige tolle Highlights wie etwa die beiden Derbysiege gegen Frankfurt oder den Heimsieg gegen ALBA BERLIN. Letztendlich war es ein weiteres Jahr, in dem sich die GIESSEN 46ers konstant in der BBL halten konnten. Wie fällt dein persönliches Resümee aus und wie wichtig ist dabei die Kontinuität der Mannschaft, um an die letzte Saison anknüpfen zu können?

Es war eine überaus erfolgreiche und tolle Basketball Saison, in welcher unseren Zuschauern attraktiver Basketball geboten wurde. Wir haben zu Beginn einen kompletten Umbruch vollzogen – neuer Headcoach, neue Vorstellungen und neue Spieler. Aber das hat insgesamt wirklich alles sehr gut funktioniert, sodass wir am Ende mit dem elften Platz sehr zufrieden waren.

Kontinuität ist dabei immer sehr wichtig und wir haben in den letzten Jahren auch stets unter Beweis gestellt, dass wir viel Wert darauf legen. Natürlich war es dann unser Ziel, mit vielen Spielern zu verlängern. Dementsprechend haben wir uns auch in dieser Saisonvorbereitung aufgrund der gezeigten Leistung für den einen oder anderen Spieler entschieden und die Bemühungen intensiviert.

Nachdem den GIESSEN 46ers letztes Jahr der Transfercoup mit John Bryant gelungen ist, wurde bereits Mitte Mai diesen Jahres seine Vertragsverlängerung gleich über zwei Spielzeiten bekannt gegeben. Für viele war dieser Schritt kaum vorstellbar, aber wie ist es gelungen, John in Gießen zu halten?

Es ist kein Geheimnis, dass wir bereits im Februar Angebote von anderen Clubs vorliegen hatten, die John Bryant aus dem bestehenden Vertrag raus kaufen wollten. Für uns war klar – wohlwissend um den Wohlfühlfaktor von John hier in Gießen – dass das für uns keine Option ist. Wir haben relativ zeitnah die Gespräche aufgenommen, haben ihm mitgeteilt, dass wir gerne mit ihm verlängern möchten und konnten dadurch schon eine erste Einschätzung einholen, welche seinerseits sehr positiv war.

Ich denke, wir haben John hier in Gießen eine Chance gegeben, um sich wieder neu auszurichten und zu positionieren. Das war ein wesentlicher Faktor und es hat viel mit Loyalität und Vertrauen zu tun, welches uns nun zurückgegeben wird. Dieser Transfer wird für immer einer der Königstransfers hier in Gießen bleiben.

Hat diese frühe Personalie auch für die darauffolgenden Transfers geholfen?

Naja, ein John Bryant zieht natürlich immer (schmunzelt), aber wir sind auch frühzeitig schon mit unserer Kaderplanung unterwegs gewesen und haben schon im Vorfeld mit Spielern abgeschlossen, bevor feststand, ob John bleibt oder nicht.

Wir haben mit ihm eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Bestimmt gab es den einen oder anderen Spielertransfer, bei dem John Bryant vielleicht ein kleiner ausschlaggebender Faktor gewesen ist, dass Gießen die richtige Adresse ist.

Natürlich werden wir aber – wie all die Jahre zuvor auch – immer wieder über das Kollektiv und über den Teamspirit kommen.

Nicht nur die GIESSEN 46ers verstärken sich mit neuen Akteuren, auch viele andere Mannschaften in der BBL ziehen neue Spieler an Land. Bei welchen Mannschaften siehst du auf Grund der neuen Teamzusammenstellung großes Potential?

Es gibt natürlich die obligatorischen Teams, die immer oben in der Tabelle auftauchen – ob das jetzt Bayern München, ALBA BERLIN oder Brose Bamberg sind. Aber meiner Ansicht nach macht auch Jena eine sehr clevere Transferpolitik. Das ist schon eine erfahrene Truppe, die sie in der nächsten Saison präsentieren, da sollte man zumindest ein Auge drauf haben. Ob Frankfurt, Oldenburg oder Ludwigsburg – alle weisen sehr viel Geschick auf den Transfermarkt auf. Das ist also insgesamt in der Liga sehr durchdacht.

Ansonsten ist man in der Saisonvorbereitung natürlich auf die eigene Transferpolitik konzentriert. Wir schauen auf uns und werden in der kommenden Saison wieder alles geben, um es den anderen so schwer wie möglich zu machen.

Seit dieser Saison gibt es eine neue Form der Pokalrunde. Anders als in den vorherigen Jahren sind alle Mannschaften aus der BBL – außer die beiden Aufsteiger – mit dabei. Wie stehst du zu dem neuen Pokalmodus und vor allem dem Gießener Pokallos?

Ich bin ein absoluter Befürworter vom neuen Pokalmodus – nach der Auslosung jetzt aber nicht mehr (lacht). Nein, Spaß bei Seite: wir haben natürlich ein großes Los-Pech gehabt und müssen jetzt direkt drei Mal gegen Bayern München spielen. Aber der Pokalmodus ist mit Sicherheit berauschend für die gesamte Liga, auch für die Außendarstellung. Ich denke jeder hat die Pokalauslosung verfolgt, auch wir hier im 46ers-Office. Man hat schon gemerkt, dass man an dem Tag schon irgendwie angespannt war, was jetzt passiert: haben wir ein Heimspiel oder ein Auswärtsspiel und gegen wen geht es? Mit Sicherheit ist das allen Bundesliga Destinationen so ergangen und allein das war die neue Idee wert. Ansonsten haben wir wieder ein glaubwürdiges und greifbares Produkt, was von den Fans auch verstanden wird. Der K.o-Modus bringt immer eine Menge Spannung mit sich, deshalb: eine Top-Entscheidung.

Da du gerade von Bayern München sprichst: Für diese wird es nicht schwer sein, sich auch in weiteren Spielzeiten in der BBL zu halten. Welcher Herausforderung müssen die GIESSEN 46ers – besonders in Bezug auf den vorgeschriebenen Mindestetat –entgegentreten?

Ich bin auch ein absoluter Befürworter für den Mindestetat, denn wenn ein Bundesliga Club nicht in der Lage ist, den Mindestetat zu generieren, dann wird es im Allgemeinen sehr schwer werden. Die easyCredit Basketball Bundesliga hat sich sehr intensiv und sehr konsequent weiterentwickelt. Alle strukturellen Maßnahmen wie beispielsweise Jugendarbeit, Farmteams, erste Mannschaft oder die Geschäftsstelle sind unter diesem Mindestetat überhaupt nicht stemmbar, wenn man es professionell händeln möchte.

Wir müssen unseren Weg konsequent weitergehen. Wir müssen weiterhin kreativ und innovativ sein und wie mit dem Transfer von John Bryant immer mal wieder für Überraschungen sorgen. Wir haben eine hohe Anerkennung in der BBL, aber diese müssen wir auch Jahr für Jahr bestätigen und untermauern.

Natürlich sind wir in zahlreichen Bereichen wieder sehr kreativ geworden und sind im Mikro-Sponsoring oder auch im Merchandising besser aufgestellt. Weiterhin haben wir unser Ticketing unter die Lupe genommen und neue Kategorisierungen eingeführt. Damit geht natürlich auch eine neue Preisstruktur einher. Wir versuchen jeden Tag unser Bestes, um mit den schnellen Schritten der Liga mithalten zu können.

Das Engagement sollte an dieser Stelle besonders betont werden. Gerade bei solchen Transfercoups wie John Bryant ist die Unterstützung der Partner und Sponsoren und vor allem der Gesellschafter unabkömmlich. Welche Bedeutung hat das für ein Unternehmen wie die GIESSEN 46ers?

Das war der entscheidende Faktor und der entscheidende Baustein für die Gründung der GmbH & Co. KG. Wir hatten die Möglichkeit, Persönlichkeiten als Gesellschafter an unseren Club zu binden. Aktuell haben wir 33 Gesellschafter an unserer Seite, was uns eine absolute Planungssicherheit gibt. Gleichzeitig bedeutet es, dass wir im Zusammenhang mit unseren über 170 Sponsoren sehr breit aufgestellt sind. Das gibt uns ein bisschen mehr Freiheit, da wir nicht nur von einem Unternehmen abhängig sind. Es zeigt zudem die Stärke der Stadt Gießen und die Respektive der Unternehmen hier in der Stadt und der Region. Das zeigt in aller Deutlichkeit, was man mit einer Gemeinsamkeit schaffen kann. Unsere 170 Sponsoren plus unsere 33 Gesellschafter sind die Basis für das, was wir hier in den letzten Jahren erreicht haben. Wir wiederum haben dann mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen immer das Optimum rausgeholt – sowohl im sportlichen, als auch im wirtschaftlichen Bereich. Was besseres konnte den GIESSEN 46ers nicht passieren.

Wie du schon anmerkst, sind die GIESSEN 46ers auf der Sponsorenleiste sehr gut aufgestellt. Konnten da in letzter Zeit noch weitere Partner und Sponsoren gewonnen werden?

Natürlich haben wir auch in der letzten Zeit neue Partner gefunden, das ist schließlich unser täglich Brot. Wir merken aber auch, dass die sportlichen Leistungen und die wirtschaftlichen Parameter uns den Einstieg in die Gespräche wesentlich leichter machen, als noch vor fünf Jahren. Da war es relativ schwierig überhaupt erst einen Termin zu bekommen. Darüber hinaus ist es uns gelungen, mal wieder einen neuen Premium-Partner an uns zu binden. Mit JobStairs hat sich nun ein weiterer Partner dazu entschieden, sein Engagement auszubauen. Das freut uns sehr und macht uns stolz. Es zeigt, dass wir für viele potentielle Sponsoren sehr attraktiv sind. Es ist nicht ein Jahr vergangen, in dem wir keinen neuen Premium-Partner präsentiert haben. Weiterhin freut es uns sehr, dass wir mit K1X einen Ausstatter gefunden haben, welcher nun für drei Spielzeiten an unserer Seite sein wird.

Aber man sollte dennoch nie vergessen, wo wir herkommen und wenn man das mal reflektiert, was hier in den letzten fünf Jahren herangewachsen ist, dann sollten wir alle gemeinsam stolz sein. Demut tut immer gut im Leben. Natürlich werden wir weiterhin realistisch und ambitioniert bleiben, aber die nächsten Jahre werden mit Sicherheit nicht einfacher, um weiterhin in der easyCredit Basketball Bundesliga Schritt halten zu können. Da benötigt es zahlreiche Unterstützung und vor allem eine funktionierende Struktur.

Diesbezüglich sind wir generell sehr gut aufgestellt, sei es im Bereich NBBL, JBBL oder beim Thema Coaching Staff. Wir haben zusätzlich einen festangestellten Physiotherapeuten für alle Mannschaften eingestellt, sodass wir auch da noch professionellere Strukturen haben. Auch in der Geschäftsstelle konnte mit Laura Bethmann im Vertrieb und Sascha Seller als neuem Ticketing Leiter das Team hinter dem Team perfekt ergänzt werden.

Es geht also nicht immer nur um die Spieler auf dem Parkett. Wir arbeiten hier sehr konzentriert und konsequent an den Strukturen, denn nur mit einer funktionierenden Basis gibt es auch eine funktionierende Mannschaft.

In wie weit kann man von sich aus die GIESSEN 46ers unterstützen?

Es gibt natürlich ein Meinungsbild über die GIESSEN 46ers und dazu kann jeder seinen Beitrag leisten. Das bedeutet, dass man gut über die GIESSEN 46ers spricht, dass man Freunde und Bekannte mobilisiert mit in die Sporthalle Gießen-Ost zu kommen oder dass man unseren Fanshop einmal unter die Lupe nimmt. Das bedeutet aber auch, dass man als Unternehmen ein klares Commitment zu den GIESSEN 46ers abgibt wie etwa durch eine Verlinkung auf ihrer Homepage zu unserer Homepage. Genauso können unsere Fans und Zuschauer zum Beispiel einen Autoaufkleber auf ihrem Auto platzieren und vor allem – und das liegt mir schon lange am Herzen – mehr zu Auswärtsspielen kommen. Das haben sich die Jungs verdient. Es sind die kleinen Dinge im Leben, die das Große ausmachen. Der ein oder andere Weg wäre vielleicht leichter, wenn wir mit dieser geballten Power, die wir zu jedem Heimspiel haben uns über 365 Tage im Jahr positionieren können.

Wir haben jetzt drei Jahre für Aufsehen gesorgt und sind für die eine oder andere Überraschung bekannt. Ich würde mir zukünftig mehr Support für unsere Mannschaft wünschen, gerade bei Auswärtsspielen.

Kommen wir nun zu unserem Farmteam. Auch die Depant GIESSEN 46ers Rackelos werden die kommende Saison wieder an den Start gehen. Wie fällt hier dein Resümee der vergangenen Spielzeit aus und mit welchen Herausforderungen muss das junge Team rechnen?

Zunächst wurden wir ja von der einen oder anderen Ecke angefeindet oder belächelt. Heute kann ich allerdings sagen: Alles richtig gemacht! Das ist natürlich eine Investition in die Zukunft gewesen, welche sich mit Sicherheit auch erst in zwei oder drei Jahren bezahlt macht. Es war aber definitiv eine sehr gute Entscheidung, unserer zweiten Mannschaft, den Rackelos, eine eigene Identität zu geben. Die Jungs haben einfach Spaß gehabt und den Spaß haben sie aufs Publikum übertragen. Die Identifikation ist da und man hat von Heimspiel zu Heimspiel gesehen, dass die Zuschauerzahlen gestiegen sind.

In der kommenden Saison wünsche ich mir noch mehr Zuschauer in der Sporthalle Gießen-Ost. Das ist eine Spielweise, die trotz aller Professionalität unheimlich viel Spaß und Freude bereitet. Auch hier haben wir wieder die Kontinuität auf den Trainerpositionen. Natürlich zieht es auch hier den einen oder anderen Spieler in die Ferne.

Die Rackelos sind eine Ausbildungsplattform mehr denn je und genau dafür ist sie auch da. Man konnte das in der letzten Saison sehr gut sehen, was mit einem Taylor passiert ist. Ursprünglich hatten wir ihn für die Rackelos geholt und ihn dann allerdings irgendwann hochgezogen. Er hat uns dort in einigen entscheidenden Situationen geholfen. Jetzt verfügt er über einen Profivertrag für die kommende Saison.

Bei den Rackelos konnten wir in der letzten Woche direkt zwei neue Spieler verpflichten und damit den Kader vervollständigen. Wir haben jetzt viele gute Spieler im Boot, wie etwa einen Tim Köpple aus Ulm, welcher mit Sicherheit ein vielversprechender Spieler ist. Wenn sich so ein talentierter Spieler für die 46ers entscheidet, dann müssen wir im vergangenen Jahr irgendwas richtig gemacht haben. Das sind die kleinen Bestätigungen, die zeigen, dass wir bisher den richtigen Weg gegangen sind und diesen auch weiterhin konsequent verfolgen.

Kleine Umbauarbeiten gibt es auch in der Akademie. Mit Sascha Schneider hat ein langjähriger Mitarbeiter die 46ers verlassen. Wie ist die aktuelle Situation im Nachwuchsprogramm und mit welchen Entwicklungen ist noch zu rechnen?

Erstmal ein ganz großes Dankeschön an Sascha Schneider, der sich in den letzten Jahren dieser Herausforderung gestellt hat. Ich wünsche ihm für seine weitere Aufgabe im Fußballbereich unheimlich viel Erfolg. Aber auch diesen Weg werden wir jetzt konsequent weiter gehen. Wir haben uns dazu entschlossen, dass Anne Leinweber gemeinsam mit Sören Beck dieses Thema vorantreiben wird. Weiterhin wird Johannes Lischka zusätzlich eine wichtige Rolle als Jugend-Sportkoordinator einnehmen und von daher ist uns da auch nicht angst und bange vor der Zukunft. Im Gegenteil: Es gab natürlich auch einen entsprechenden Dreijahresplan und den werden wir weiter abarbeiten. Von daher sind wir in der JBBL, NBBL und auch was Basketball-Camps oder Schul-AGs angeht, weiterhin gut aufgestellt. Wir wollen hier die Region Mittelhessen wieder zur Basketball Region formen. Das bedeutet, wir müssen ganz früh bei den Kindern anfangen und sie an den Basketball Sport heranbringen. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, bei guten, sozial kompetenten Trainern die ersten Würfe und Schritte zu erlernen und ihnen so die Faszination für Basketball schon früh mit auf den Weg zu geben.

Zu guter Letzt – Wie blickst du der kommenden Saison entgegen?

Ich freue mich natürlich tierisch auf die Saison und auf all das was sie mit sich bringt.

Aber eins ist sicher: wir werden nicht müde und wissen um die zahlreichen Herausforderungen, die uns bevorstehen. Die Vergangenheit zählt jetzt nicht mehr, es geht nur um die Zukunft und ich kann versprechen, dass wir weiterhin Vollgas geben werden. Ich bin positiv gestimmt und sehe viel Potential in unserer Mannschaft. Aber eine Saison ist lang, da kann viel passieren. Dieses Jahr wollen wir uns wieder in den mittleren Regionen aufhalten, den ein oder anderen Club aufmischen, für Furore sorgen und natürlich unserm Publikum eine Menge Spaß und Freude wieder mit auf den Heimweg geben.

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