Die GIESSEN 46ers haben ihre fünf Spiele währende Niederlagenserie in der Basketball-Bundesliga am Samstagabend eindrucksvoll beendet. Gegen die WALTER Tigers Tübingen setzte sich die Mannschaft von Cheftrainer Thorsten Leibenath vor 2980 Zuschauern in der Sporthalle Gießen-Ost deutlich mit 90:50 (43:18) durch. Entscheidend für den Kantersieg und zugleich vierten Saisonerfolg war eine von der ersten bis zur letzten Spielminute exzellente Verteidigungsleistung des Gießener Teams.
Der Tabellen-13. aus dem Schwabenland konnte in der ersten Hälfte auf einer Trefferquote von 24 Prozent aus dem Feld (6/25) gehalten werden. Am Ende hatten die Tigers auch 18 Ballverluste und damit elf mehr als die 46ers (7) aufzuweisen. Für den Basketball-Bundesligisten aus Gießen bedeutete der Sieg gegen Tübingen den höchsten Bundesligaerfolg seit dem 106:62 gegen Schwelm in der Saison 2004/2005. Weniger Gegenpunkte hatte die Gießener Mannschaft in einem Erstligaspiel zuletzt in der Saison 1988/1989 (!) beim 93:36 gegen die SG FT/MTV Braunschweig kassiert.
Eine Woche nach der 71:91-Niederlage bei den Telekom Baskets Bonn war den 46ers vor 2980 Zuschauern von Beginn an deutlich das Bemühen anzumerken, die erhoffte Wende herbeizuführen und das in der Endphase des Bonn-Spiels gezeigte ungenügende kämpferische Auftreten vergessen zu machen. Das in der Formation Sparks, Umeh, Boxley, Terdenge und Rouse in die Partie gestartete Gießener Team begann couragiert und setzte sich nach den ausgeglichen verlaufenen ersten fünf Spielminuten (9:10, Dreier McGee) peu à peu vom Gegner ab. Gestützt auf eine aggressive und zu jedem Zeitpunkt der Partie hochkonzentrierte Verteidigungsleistung aller fünf auf dem Feld stehenden Akteure sowie das Beherrschen der Bretter, hier ist vor allem die Vorstellung von Corey Rouse zu erwähnen, der schon zur Pause mit zwölf Punkten und elf Rebounds (davon fünf offensive) ein Double-double zu Buche stehen hatte, übernahmen die 46ers das Kommando auf dem Parkett.
Das selbstbewusste Auftreten in der eigenen Spielhälfte führte dazu, dass es auch in der Offensive prächtig lief. Nach einem spektakulären Alley-Oop-Dunk von Corey Rouse auf Anspiel von Patrick Sparks lagen die Gastgeber mit 14:10 (8.) vorne, anschließend setzte Michael Umeh den Gießener Zwischenspurt mit zwei erfolgreichen Dreierversuchen zum 20:10 fort. Seamus Boxley legte kurz vor Ablauf der ersten zehn Minuten mit einem Mitteldistanztreffer aus schwieriger Wurfposition zum 22:13 nach.
So weit, so gut. Schon einige Male zuvor in dieser Saison hatte die 46ers-Mannschaft in der Anfangsphase eine überzeugende Leistung auf das Parkett gebracht, um anschließend in der Intensität nachzulassen und den Gegner dadurch wieder stark zu machen. Doch nicht so an diesem Abend. Im zweiten Viertel kamen die Besucher aus dem Staunen kaum heraus. Die Gießener Fünf brillierte weiterhin in der Defensive und gestattete dem Gast aus dem „Ländle“ kaum einmal einen offenen Wurf. Nach der Einwechslung von Rouven Roessler und Obie Trotter (12.) leitete Gerrit Terdenge in der 15. Minute beim Stande von 24:15 mit vier Punkten in Folge und einem Ballgewinn in der eigenen Zone gegen Bingo Merriex einen fulminanten Endspurt der 46ers bis zur Pause ein.
Heftig umjubelt wurden die ersten Heimpunkte von Obie Trotter nach seiner langen Verletzungspause, die der Aufbauspieler bei einem Fastbreak mit einem sehenswerten „Finger roll“ erzielte (30:16). Im nächsten Angriff war der Guard aus Alabama mit einem Dreier zum 33:16 erfolgreich. Als Trotter nach dem darauf folgenden Grundlinieneinwurf der Tigers dann auch noch dem angespielten Igor Perovic die Kugel aus den Händen stibiezte und beim anschließenden Korblegerversuch nur mit einem Foul gestoppt werden konnte, bestanden die Tribünen in der Osthalle nur noch aus Stehplätzen. Dass der Frust bei den Gästen schon in dieser Phase der Partie tief saß, wurde in der 19. Minute deutlich, als Bingo Merriex bei einem Nahdistanzwurfversuch am Gießener Brett nicht einmal den Ring traf, im Gegenzug im Eins-gegen-Eins von Gerrit Terdenge stehen gelassen wurde und sich nur noch mit einem unsportlichen Foul zu helfen wusste. Als Corey Rouse im darauf folgenden Angriffszug zwei Offensivrebounds ergatterte und zum 40:16 ablegte, hatte die Demontage des Gegners längst begonnen. Michael Umeh sorgte per Dreier für den 43:18-Pausenstand.
Auch nach dem Seitenwechsel hielt die Überlegenheit des Gießener Teams an. Seamus Boxley nahm die Einladungen der Tübinger Defense an und zog zweimal völlig unbedrängt durch die Mitte zur Tigers-Reuse (47:20/22.). Corey Rouse krönte seine Top-Leistung mit einem Dreier zum 50:22 (24.). Spätestens als „Flo“ Hartenstein das vierte persönliche Foul von Tübingens Topscorer Katic „gezogen“ hatte (25.) und Patrick Sparks innerhalb von vier Minuten drei Dreier in den Gästekorb einschweben ließ (64:27/28.), war das Spiel gelaufen.
Thorsten Leibenath brachte in der Folge mit Ed Nelson, Marco Buljevic und Shawan Robinson auch jene drei Akteure, die bis dahin auf der Bank gesessen hatten, ins Spiel. Auch wenn Tübingen im letzten Viertel mit 21 Punkten fast so viele Zähler wie in den 30 vorangegangenen Minuten erzielen konnte, schafften es die 46ers, den Vorsprung nach dem dritten Viertel (67:29) noch etwas weiter auszubauen. Flügelspieler Buljevic steuerte im Schlussabschnitt zwei Dreier bei. Mit Standing Ovations und Sprechchören wurde Obie Trotter bedacht, als er von Head Coach Leibenath in der 38. Minute ausgewechselt wurde. Buljevic erzielte in der Schlussminute das 88:46, gleichzeitig die höchste Führung im gesamten Spiel. Ed Nelson, der ebenfalls noch acht Zähler sammelte, blieb es schließlich vorbehalten, die letzten Gießener Punkte in einem denkwürdigen Spiel zu erzielen.
Punkteverteilung:
GIESSEN 46ers: Umeh (11), Terdenge (7), Buljevic (8), Trotter (9), Robinson (3), Rouse (22), Sparks (11), Nelson (8), Roessler (0), Boxley (8), Hartenstein (3).
WALTER Tigers Tübingen: Nixon (6), Modersitzki (2), Merriex (5), Thomas (0), Katic (14), Gorauskas (2), McGee (5), Perovic (5), Moye (4), Hulett (5), De Michael (2).
Stimmen zum Spiel:
Thorsten Leibenath (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Das war heute sicherlich unser bislang bestes Spiel in dieser Saison. Wir haben alle vier Viertel gewonnen und in unserer Intensität nie nachgelassen, was in der Vergangenheit des öfteren eines unserer Probleme war. Es gab immer mal wieder Phasen, wo wir Ballbesitze zu locker handhaben. Das ist heute nicht passiert. Wir sind trotz des Vorsprungs nie zu locker geworden und haben heute durchgehend hart verteidigt und konzentriert gespielt. Wir hatten großen Respekt vor Tübingen. Man schlägt nicht so ohne weiteres die Artland Dragons. Wir haben uns sehr konzentriert auf das Spiel vorbereitet und uns für heute vorgenommen, als Mannschaft zu verteidigen, in jedem Ballbesitz hochkonzentriert zu agieren und gut zu rebounden. In allen drei Bereichen haben wir heute eine klasse Leistung geboten.
Mir fällt es schwer, nach so einer Leistung einen einzelnen Spieler herauszustellen. Ich habe in der Vergangenheit immer wieder betont, wie wichtig Obie (Trotter) für uns ist und wie sehr wir ihn vermissen. Was er heute defensiv geleistet hat, war unglaublich, aber das ist der Obie, den wir so aus der letzten Saison kennen. Offensiv wird er bestimmt noch einen Tick besser. Mit Patrick Sparks hat er sich heute sehr gut ergänzt. In der Phase, als Tübingen im dritten Viertel nochmal rankommen wollte, hat Patrick ganz wichtige Dreier getroffen. Auch Corey Rouse hat eine klasse Leistung gezeigt und hervorragend gereboundet. Aber ich möchte keinen meiner Spieler negativ herausheben, jeder hat heute seine Leistung gebracht.
Der Sieg war nach fünf Niederlagen in Folge unglaublich wichtig für uns. Wir haben gezeigt, dass wir verteidigen können. Leider ist uns das erst im 13. Spiel gelungen. Wir werden jetzt daran arbeiten, dass wir das auf konstanterem Niveau tun und dann werden auch noch mehr Siege folgen.
Jeder, der heute gespielt hat, hat in dieser Woche auch gute Leistungen im Training gezeigt. Ich habe mich heute für die Startfünf mit Corey (Rouse) entschieden, weil Corey zur Zeit sehr stark spielt, ein sehr guter Rebounder ist und wir genau das heute benötigt haben. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass einer meiner Spieler, Obie Trotter, heute in der Gießener Tagespresse falsch zitiert wurde. Er wurde da mit den Worten wiedergegeben, dass unsere Trainingswoche nicht so gut verlaufen sei. Obie hat uns versichert, dass er diese Aussage nicht getätigt hat. Wir hatten, wie von uns im Vorfeld des Spiels bekanntgegeben, eine gute Trainingswoche und nichts anderes hat Obie in dem Interview der lokalen Presse gesagt.“
Aaron McCarthy (Cheftrainer WALTER Tigers Tübingen): „Gießen hat uns heute in allen Belangen ausgespielt. Sie haben es von der ersten bis zur letzten Minute verdient, diese Partie zu gewinnen und ich kann ihnen dazu nur meinen Glückwunsch aussprechen. Am letzten Wochenende haben wir in der Partie gegen Artland gut gespielt. Moye und Hulett waren nach ihren Verletzungen wieder einigermaßen fit, so dass wir uns hier heute auch etwas ausgerechnet haben. Wir wussten, dass uns hier in Gießen ein schweres Spiel erwartet. Der Unterschied zwischen einem Team mit einer 3:9-Bilanz und einem Team mit einer 5:7-Bilanz ist nicht so groß.
Wir wollten in der zweiten Halbzeit zurück ins Spiel finden und die Gießener Führung bis auf zehn Punkte reduzieren, aber Gießen hat zu Beginn der zweiten Hälfte postwendend auf einen kleinen Lauf von uns geantwortet, so dass wir nie zurück ins Spiel gefunden haben. Und so trat dann ein Schneeball-Effekt ein, die Spieler wurden immer frustrierter und fingen offensiv wie defensiv an aufzugeben. Ich weiß nicht, ob das heute das Beste war, was Gießen spielen kann, aber ich weiß mit Sicherheit, dass das heute die schlechteste Leistung war, die wir zu bringen im Stande sind.“
Obie Trotter (Guard GIESSEN 46ers): „Es ist schön, wieder auf dem Feld zu stehen und vor den tollen Gießener Fans spielen zu können. Für mich waren das bewegende Momente, als sie mir ihre Zuneigung und Anerkennung gezeigt haben. Von Beginn haben wir heute Abend sehr intensiv und aggressiv in der Defense gearbeitet und die gegnerische Mannschaft bis zur Halbzeit unter 20 Punkten halten können. Das kommt nicht so oft vor.“
Gerrit Terdenge (Power Forward GIESSEN 46ers): „Wir sind mit der Einstellung in das Spiel hineingegangen, unsere Negativserie stoppen zu wollen. Unser Fokus lag ganz klar auf der Verteidigung. Wenn man gut verteidigt, dann läuft es automatisch auch im Angriff viel besser. Und das ist uns heute geglückt. Wir haben die Tübinger gar nicht ins Spiel kommen lassen und sie so frustriert.“
Marco Buljevic (Guard/Forward GIESSEN 46ers): „Heute war unsere Einstellung definitiv top. Im Training hatten wir uns besonders auf die Defense konzentriert. Unser Ziel war es, den Gegner unter 75 Punkten zu halten. Das haben wir mit 50 Punkten erreicht. Für uns war das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir dürfen uns aber nun nicht darauf ausruhen, da wir schon am nächsten Samstag in Braunschweig wieder ein wichtiges Auswärtsspiel haben.“