Die JobStairs GIESSEN 46ers konnten mit ihrem Big Man Enosch Wolf vor kurzem den Playoff-Einzug feiern – dabei befindet sich der Traditionsclub auf einem guten Weg das Heimrecht für die Endrunde zu erobern. Doch der Center sieht sich nach dieser Spielzeit nicht mehr in der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA oder allgemein im Profibereich und hat sich entschieden, die Basketballschuhe an den Nagel zu hängen. Was ihn dazu bewegt hat und wie er seinen nächsten Lebensabschnitt gestalten möchte, verrät der Frontcourt-Akteur im folgenden Interview.
Enosch, du hast dich nun endgültig entschieden, deine Profi-Karriere zu beenden. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Das ist jetzt nicht so leicht in ein paar Worten zu beantworten. Angefangen hat der Prozess eigentlich schon vor zwei Jahren, nach meiner letzten Saison in Tübingen. Ich wusste damals schon, dass ich nicht mehr um jeden Preis weiterspielen möchte. Nur wenn sich die richtige Situation ergibt.
Nach meiner Gehirnerschütterung in Trier war ich ja auf Grund der Nachfolgen in der zweiten Saisonhälfte in Therapie. Dort konnte ich viele Dinge das erste Mal richtig für mich aufarbeiten und habe gemerkt, dass es vieles an dem Basketball-Lifestyle gibt, was mich eigentlich gar nicht so erfüllt, wie ich das immer dachte. Den Sommer nach Trier habe ich mir dann klipp und klar gesagt, ich spiele nur noch, wenn wirklich etwas Geiles kommt. Das Angebot von Vechta und das Zusammenspielen mit meinem Bruder war dann so eine Situation. Zumindest dachte ich das zu dem Zeitpunkt noch. Da war mit aber schon zu 99% klar, dass ich nach der Saison aufhören werde.
Im Laufe der ersten Monate in Vechta wurde mir dann zu 100% klar, dass das meine letzte Saison sein wird. Ich bin etwas müde von dem Lifestyle – ich glaube das trifft es am besten. Neun Monate im Jahr komplett fremdbestimmt leben, keine Wochenenden frei, keine Zeit Familie und Freunde zu sehen, keine guten Möglichkeiten sein Privatleben wirklich voran zu treiben. Selbst bei einem Top-Verein wie Vechta, wurde nicht auf dem Level gearbeitet und Basketball gespielt, wie ich es erwartet und mir gewünscht hatte. Das soll jetzt nicht heißen, dass da alles schlecht war. Auf keinen Fall. Aber ich hatte einfach andere Vorstellungen an die Art und Weise wie Coaches auf dem Niveau arbeiten.
Dazu kommt, dass das Ergebnis deiner Arbeit und damit auch die Zufriedenheit und Erfüllung auch immer an acht bis neun anderen Spielern und ein bis zwei Coaches hängt. Außerdem habe ich auch oft genug darüber diskutiert, ob Jordan, Kobe oder LeBron jetzt der GOAT ist und es gibt auch noch mehr als Lockerroom-Talk und Playstation. Das ist natürlich etwas überspitzt gesagt jetzt, aber ich glaube man weiß was ich meine.
Ich bin sehr dankbar für die zehn Jahre Profi-Basketball, aber ich möchte mittlerweile einfach mehr und etwas anderes von meinem Leben.
Du hast in der Saison den Weg zu den JobStairs GIESSEN 46ers beschritten, war es für dich der richtige Schritt, bevor du dem Profi-Basketball adieu sagst?
Ja, zu 100%! Die beste Entscheidung die ich in langer Zeit getroffen habe. Es macht mir den Abschied so viel leichter. Hier habe ich das Gefühl, wirklich wertgeschätzt zu werden für das was ich leiste. Hier bekomme ich den Freiraum und die Möglichkeiten zu zeigen was ich kann und ich darf noch einmal 100% Prime Enosch, der Basketballer, sein.
Dafür werde ich Frenki, den Jungs, dem ganzen Club und den Fans hier in Gießen für immer dankbar sein. Auch wenn es nur eine kurze Zeit gewesen sein wird, die ich hier war, ist es eine der erfüllendsten Abschnitte meiner Karriere.
Was wünscht Du dir bei deinen letzten Auftritten auf dem Parkett? Sei es noch in der regulären Saison oder während den Playoffs.
Ich möchte einfach so weiterspielen wie bisher, einen geilen Kampf zeigen und alles was ich habe auf dem Parkett lassen. Dabei möchte ich natürlich so viele Spiele gewinnen wie möglich und im Idealfall am Ende um die Meisterschaft spielen. Ich genieße es momentan sehr, auch wenn mich unsere Spiele und Ergebnisse manchmal in den Wahnsinn treiben. (lacht)
Was glaubst du, wirst du am meisten am Basketball vermissen?
Die sozialen Aspekte – ich glaube es wird eine große Umstellung, nicht mehr sechs Tage die Woche von den selben zehn/elf Spinnern umgeben zu sein. Das ist schon etwas ganz Besonderes.
Auch die Spiele werde ich sicher vermissen. Ich kann mir gerade nix vorstellen, was mir diese Intensität an Emotionen in meinem Alltag bringen soll.
Ich weiß aber auch, dass ich es nicht vermissen werde zehnmal die Woche trainieren zu müssen, erst abends um 20 Uhr aus der Halle zu kommen, Sonntag morgens um zwei Uhr nachts aus der anderen Ecke Deutschlands zurück zu kommen. (schmunzelt)
Eine letzte zweigeteilte Frage. Wie sieht deine neue Ausrichtung aus? Und wirst du trotzdem dem Basketball auf irgendeine Art treu bleiben?
Ich arbeite ja bereits seit Anfang November bei edubily im Marketing und Sponsoring. Darüber bin ich super glücklich und das ist auch eine Sache, die mir den Übergang extrem viel leichter macht. Ich werde dort Vollzeit einsteigen. Es stehen viele spannende Baustellen an, die ich übernehmen darf und bei denen ich mich, in einer ganz anderen Art und Weise, voll entfalten kann.
Ich weiß nicht, wie viel Basketball ich gucken werde. Aber verbunden bleiben auf jeden Fall. Der Basketball begleitet mich seit meiner Geburt. Das wird nie abreißen. Bestimmt werde ich hier und da mal in eine Halle gehen und sicher, nach etwas Abstand, auch mal wieder die Schuhe schnüren um ein bisschen zu zocken.
Gerade erst am vergangenen Wochenende habe ich mit meinen Jungs die Ü70 Meisterschaft hier in Gießen besucht. Ich hoffe, dass ich da auch noch einmal spielen werde. (zwinkert)
Vielen Dank, Enosch!