Der „Auswärtsfluch“ hält an

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Es bleibt dabei: Die LTi GIESSEN 46ers sind in dieser Saison in den Hallen der Basketball-Bundesliga ein gern gesehener Gast. Am Samstagabend scheiterte die um den Klassenerhalt kämpfende Mannschaft aus der Lahnstadt auch bei ihrem zwölften Versuch, den ersten Punktspielsieg auf fremden Parkett in der Spielzeit 2007/2008 einzufahren. Beim Tabellenletzten Science City Jena verlor man mit 68:79 (18:28/37:46/45:59).

Irgendwie ist es wie verhext. Obwohl sich das Team der LTi 46ers gewissenhaft auf die wichtige Partie vorbereitet hatte und hoch motiviert in die Auseinandersetzung gegangen war – auch in der mit 1700 Zuschauern gefüllten JenArena mangelte es der Truppe von Head Coach Thorsten Leibenath beim Versuch, kämpferisch wie spielerisch an jene starken Leistungen abzuknüpfen, die zuletzt zu den Heimspielsiegen gegen Ulm und Bremerhaven geführt hatten, an der nötigen Konstanz. Bei der Suche nach Gründen für diese rätselhafte Auswärtsschwäche wird niemand fündig – ratlose Gesichter, traurige Blicke, wohin man nach Spielschluss im Gießener Lager auch schaute.

Mitentscheidend für die Niederlage war, dass die Gäste die ersten Minuten gegen die körperlich robust auftretenden Jeaner nahezu komplett verschliefen. Nach dem 3:0 durch ein Drei-Punkt-Spiel von Seamus Boxley ging im Angriff viel zu wenig bei den Gießenern. Symptomatisch die Vorstellung von Shooting Guard Michael Umeh, der sich zuletzt in Trier und gegen Bremerhaven mit 30 bzw. 28 Punkten in bärenstarker Form präsentiert hatte, am Samstag jedoch bis zur Pause keinen seiner sieben Wurfversuche aus dem Feld im Korb unterbringen konnte. Auf der Gegenseite ließen die Gießener das mit einer Sieben-Mann-Rotation agierende Tabellenschlusslicht aus allen Lagen hochprozentig scoren. Jena lag beim 4:3 (2.) erstmals vorne und baute diese Führung über die Stationen 9:3 (4.), 14:10 (5.) und 18:12 (8.) bis auf 25:12 (9.) aus. Nach einem Drei-Punkt-Spiel von Gerrit Terdenge und einem Dreier von Lavelle Felton sorgte der in der neunten Minute für Obie Trotter ins Spiel gekommene Danny Lewis für das Highlight des Abends, als er beim Ertönen der Viertelsirene von der Mittellinie zum 28:18 traf.

Wer von den über 100 mitgereisten Gießener Fans auf Besserung im zweiten Viertel gehofft hatte, wurde zunächst einmal bitter enttäuscht. Zu lasch wurde weiterhin vor allem im Dreipunktbereich verteidigt. Angetrieben von Point Guard Lavelle Felton, der bis zur Pause sieben Punkte und sechs Assists gesammelt hatte, schenkten die Hausherren den LTi 46ers von jenseits der 6,25m-Linie kräftig ein. Nach zwei Dreiern von Center Jason Miller und je einem von Gregor Linke und Brendan Plavich (gleichzeitig sein dritter an diesem Abend) hatte Jena seine Trefferquote von jenseits der 6,25m-Linie bis zur 17. Minute auf über 50 Prozent (7 von 12) gesteigert – und die Führung auf 44:27 ausgebaut. Erst jetzt lief es auf Gießener Seite besser, bis zur Pause kamen die Gäste auf 37:46 heran.

Ein Nackenschlag erlitten die Gießener dann gleich zu Beginn der zweiten Hälfte, als sich Corey Rouse innerhalb von einer Minute seine Fouls Nummer drei und vier einhandelte und ausgewechselt wurde (48:39/23.). Ohne den Power Forward, der bis dato hinter Gerrit Terdenge (11 Punkte) mit acht Zählern (4 von 5 aus der Nahdistanz) der zweiterfolgreichste Punktesammler der LTi 46ers gewesen war, versuchten die Leibenath-Schützlinge ihr Glück zumeist aus großer Distanz zum Korb – und von dort ging an diesem Abend vor allem von den Außenspielern viel zu wenig Gefahr aus. Die Ausbeute von Obie Trotter (0 von 5 Dreiern, 0 von 2 aus der Mitteldistanz), Michael Umeh (3er: 1 von 6, Md: 0 von 1), Seamus Boxley (3er: 0 von 4) und Danny Lewis, der abgesehen von seinem Treffer von der Mittellinie keinen seiner drei weiteren Versuche aus der Dreipunkt- und Mitteldistanz einnetzte, spricht Bände.

Enttäuscht: Gerrit Terdenge, dessen Leistung beim Gastspiel in Jena  von Coach Thorsten Leibenath positiv herausgehoben wurde. Bild: Mediashots Werbefotografie.Nachdem sich Jena auf 58:41 abgesetzt hatte, gelang Michael Umeh in der 28. Minute per Lay-up der erste Korberfolg. Wenig später ließ er auch noch das 45:58 folgen, nach dem dritten Viertel befanden sich die Gießener mit 45:59 im Rückstand. Ein erfolgreicher Dreier des mit Abstand stärksten 46ers-Akteurs an diesem Abend, Gerrit Terdenge, zum 48:59 (32.) läutete dann doch noch einmal eine Aufholjagd des nun endlich leidenschaftlich kämpfenden Gießener Teams ein. Bei den Gastgebern handelten sich binnen kurzer Zeit Jason Miller und Gregor Linke das vierte und Ajmal Basit das dritte Foul ein (53:61/34.). Als nach einem Umeh-Ballgewinn gegen Felton und dem anschließenden Foul Feltons an Johannes Lischka dann sogar ein technisches Foul gegen die Bank von Jena gegeben wurde, sah es wieder besser aus. Lischka verwandelte einen von zwei Freiwürfen, Umeh sogar beide und Gießen war wieder auf fünf Punkten dran (56:61/35.). Obie Trotter wollte sein Team im folgenden Ballbesitz per Dreier auf Schlagdistanz bringen, sein Wurf fand aber nicht das Ziel.

Auf der Gegenseite traf der ehemalige NBA-Spieler Mark Davis zum 63:56. Als Ajmal Basit wenig später am Brett auf 65:56 erhöhte, dabei Corey Rouse das fünfte Foul anhängte und auch den Bonusfreiwurf versenkte, waren die Chancen auf den ersten Auswärtssieg der Saison wieder auf ein Minimum gesunken. Die LTi 46ers kamen zwar noch zweimal auf fünf Zähler heran (70:65/38.), mussten in der Endphase aber fünf weitere Punkte von Mark Davis hinnehmen (75:68/39.). Als Umeh und Bill Phillips ihre finalen Dreierversuche an den Ring gesetzt hatten, war die Begegnung endgültig gelaufen. Letztlich schafften es die Mittelhessen durch die Elf-Punkte-Niederlage (68:79) nicht einmal, sich den direkten Vergleich zu sichern. Das Hinspiel hatte man nur mit neun Zählern Differenz (81:72) gewonnen.

46ers-Cheftrainer Thorsten Leibenath zeigte sich nach dem Spiel enttäuscht: „Ich bin sehr unzufrieden damit, wie wir uns in den ersten 17 Minuten des Spiels präsentiert haben. Im Kampf um den Klassenerhalt war das einfach nicht ausreichend, wir waren viel zu passiv. Erst nach dem hohen Rückstand haben wir ordentlich gespielt, den Kampf, den uns Jena geboten hat, angenommen und auch die Dreierversuche des Gegners besser verteidigt. Alexander Seggelke und Mark Davis haben wir gut zugemacht, aber Lavelle Felten und Jason Miller haben ein starkes Spiel gezeigt. Bei der Trefferquote unserer Außenspieler ist es schwierig, ein Spiel zu gewinnen. Positiv herauszuheben ist die heutige Leistung von Gerrit Terdenge: Durch seine Verletzungen hat er in den letzten Wochen kaum trainieren können, wodurch er konditionell nicht in Top-Verfassung ist. Trotzdem war er derjenige Spieler unseres Teams, der am meisten dagegengehalten hat. Wir werden nun sehr hart arbeiten müssen, wenn wir den Klassenerhalt schaffen wollen. Ich möchte mich bei unseren Fans bedanken. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass nach elf Auswärtsniederlagen in Folge über 100 Anhänger mit nach Jena fahren und uns vom Anfang bis zum Ende großartig unterstützen.“

Für die Thüringer, die als Tabellenletzter nun 6:42 Punkte aufweisen, war es die letzte Chance, vielleicht doch noch dem Abstieg aus dem Basketball-Oberhaus zu entgehen. Für die LTi 46ers bedeutete die Niederlage einen bitteren Rückschlag im Kampf um den Klassenerhalt. Immerhin bleibt dem mit 12:36 Punkten weiter auf Tabellenplatz 16 notierten Gießenern der (allerdings nur sehr, sehr schwache) Trost, dass auch der direkte Konkurrent TBB Trier am Samstag nach einem Basketball-Krimi ALBA Berlin mit 99:100 nach Verlängerung unterlag und weiterhin mit zwei Zählern Rückstand auf die 46ers Platz 17 und damit den ersten von zwei Abstiegsrängen einnimmt.

Punkteverteilung:

LTi GIESSEN 46ers: Umeh (13), Terdenge (18), Lewis (3), Buljevic (0), Trotter (6), Lischka (4), Rouse (10), Phillips (6), Boxley (5), Hartenstein (3).
Science City Jena: Plavich (11), Seggelke (2), Basit (9), Linke (8), Reyes-Napoles (0), Felton (18), Davis (14), Miller (17).

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