Die 3.752 Zuschauer in der restlos ausverkauften Sporthalle Gießen-Ost erlebten eine Basketballschlacht, die sie wohl nicht mehr vergessen werden. Im Hessenderby gegen die FRAPORT SKYLINERS erspielte sich die Mannschaft um John Bryant (17 Punkte, 11 Rebounds, 9 Assists), bei der gleich sieben Spieler zweistellig punkteten, zunächst kontinuierlich einen Vorsprung, bevor im vierten Viertel vor allem der Frankfurter Topscorer Richard Freudenberg (21 Punkte) das Spiel fast auf den Kopf stellte. Erst in der letzten Sekunde des Spiels fiel die Entscheidung zugunsten der Truppe von Ingo Freyer, die vor allem durch ihren Teamgeist begeisterte.
Es war eine würdige Kulisse für das prestigeträchtige Hessenderby, das in der vergangenen Saison bereits gleich zweimal von den heutigen Hausherren gewonnen werden konnte: Vor restlos ausverkauftem Haus gingen die GIESSEN 46ers mit dem Selbstbewusstsein aus bisher fünf Siegen und einem ganz starken Auftritt in Bamberg aus der Vorwoche in das heiß erwartete Duell mit den SKYLINERS, die in der Liga bisher schwächelten, international und im Pokal jedoch durchaus ihr Können unter Beweis gestellt haben.
Es wurde aber schon vor dem Tip-off äußerst emotional in der Halle: Zur Freude der Fans hatte das Coaching-Duo aus Headcoach Ingo Freyer und seinem Assistenten Steven Wriedt in der letzten Woche seinen Vertrag um zwei weitere Spielzeiten verlängert. Außerdem wurde John Bryant als effektivster internationaler Spieler der easyCredit BBL-Saison 2017/2018 ausgezeichnet.
Im Anschluss wurde es andächtig, denn die Zuschauer und Aktiven in der Halle ehrten den jüngst verstorbenen Gießener Hochschulprofessor und Meistertrainer von 1978 Prof. Dr. Hannes Neumann mit einer Schweigeminute.
Siyani Chambers, Larry Gordon, Brandon Thomas, Benjamin Lischka und John Bryant starteten ebenso angriffslustig in die Partie wie die Gäste vom Main. Lischka und Bryant wurden in hohem Tempo in der Zone freigespielt und punkteten zum 4:4 (1.). Der Ex-Gießener Marco Völler brachte die SKYLINERS mit zwei Körben aber schnell wieder in Führung (4:8, 3.). Der erneut starke Max Landis übernahm den Spielaufbau und führte die 46ers zum Ausgleich, bevor erneut Völler an alter Wirkungsstätte auftrumpfte (8:10, 5.). Nach einer Gießener Auszeit punktete nun Mahir Agva gleich doppelt gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Er spielte von 2016 bis 2017 in Frankfurt. Landis hielt seine 46ers in der Folge im Spiel. Dank eines Gordon-Dreiers und einem energischen Layup von Max Montana konnte die Freyer-Truppe am Ende des Viertels knapp in Führung gehen (21:20, 10.).
Das zweite Viertel begann für die 46ers, wie das erste endete: Mit Punkten von Max Montana, der mit seinem And-one die Führung ausbaute. Das Duell blieb jedoch auf Augenhöhe und erneut war es Völler, der die Gästeführung kurzzeitig eroberte, bevor Brandon Thomas aus der Distanz den erneuten Vorteilswechsel besiegelte. Frankfurt kam umgehend zurück. Als erst Landis mit Ablauf der Shotclock drei Punkte einnetzte, dann Thomas nach herausragendem Teamplay der Layup zum 34:30 gelang, ergriff der kanadische SKYLINERS-Coach Gordon Herbert die Initiative und rief zur Auszeit (14.). Diese zeigte zunächst Wirkung (34:34, 15.), doch inzwischen hatte sich Forward Brandon Thomas eingeworfen und traf den nächsten Dreier (37:34). Frankfurt blieb bissig und erfolgreich. Mit weiteren Punkten von Lischka und Agva in der Zone sowie Chambers nach blitzschnellem Fastbreak zwang man die Frankfurter aber direkt zur nächsten Auszeit (43:37, 17.), nach der man ebenfalls an den guten Offensivfokus anknüpfen konnte (47:41, 18.). Zum Ende der ersten Hälfte setzte Agva weiterhin voll motiviert den Korbleger; Max Montanas Halbdistanzwurf fiel mit der Sirene zum 51:46-Halbzeitstand, welcher von der Ausgeglichenheit und Kampfeslust der beiden Teams zeugte.
Der bessere Start in die zweite Hälfte gelang den 46ers. Thomas lief per Dreier und Layup heiß, Bryant staubte per Put-back-Dunk ab und wurde beim up-and-under gefoult, während den Frankfurtern in der gleichen Zeit lediglich ein Korbleger gelang (59:48) – die 46ers erarbeiteten sich in dieser Phase durch geschicktes Verteidigen und clevere Offensivaktionen zum ersten Mal eine deutlichere Führung (62:48, 24.). Die Frankfurter mussten von bisherigen Mustern abweichen: Center Erik Murphy traf per Dreier, Jason Clark spielte mit großen Schritte seine Schnelligkeit aus. Es ist der Zielgenauigkeit eines Max Landis zu verdanken, dass die hart erarbeitete Führung nicht binnen weniger Augenblick zunichte gemacht wurde (67:57, 6.). Nach zerfahrenen Spielminuten, in denen beide Teams keinen Rhythmus aufbauen konnten, schienen sich am Ende wieder eher die Gäste aus der Mainmetropole zu belohnen, die 28 Sekunden vor Viertelende durch Trae Bell-Haynes einen Dreier versenkten. Doch der Kapitän der 46ers hatte wie so oft das letzte Wort: Bryants Tip-In in letzter Sekunde setzte den Zwischenstand von 72:64.
Die GIESSEN 46ers steigerten ihren Vorsprung im Laufe des Spiels kontinuierlich und machten auch zu Beginn des letzten Viertels klar, dass sie auch in dieser Spielzeit wieder die Hessen-Rivalität zu ihren Gunsten entscheiden wollten. Bryant per Korbleger und Montana per Dreipunktespiel und Halbdistanzwurf unterstrichen dies. Doch auch Frankfurt spielte noch auf Sieg und warf alles in die Waagschale (79:69). Angefeuert von den Rängen ließen die 46ers zunächst keine wirkliche Gefahr durch einen Punkte-Run der Gäste mehr zu. Der erfahrene Bryant wurde von Rookie Montana in Szene gesetzt, dann passierte für die Hausherren lange Zeit aber zu wenig. Die SKYLINERS witterten ihre Chance und spielten sich durch ein ruhiges und kontrolliertes Offensivspiel auf 81:78 heran. Erst Captain John Bryant erarbeitete sich vier Minuten vor dem Ende wieder einen Punkterfolg. Auch Lischka gelang nun wieder ein Korb. Die Gäste konnten ihren wiedergefundenen Rhythmus aber ebenfalls beibehalten und brachten in Forward Richard Freudenberg einen zuverlässigen Schützen. Das Spiel stand wieder auf der Kippe (85:83, 37.) und tatsächlich gelang den Frankfurtern der Führungswechsel durch Freudenbergs Dreipunktespiel (86:87, 38.). Brandon Thomas traf im anschließenden Angriff beide Freiwürfe nach Murphys fünftem persönlichen Foul. Bryant bewies wieder seinen Stellenwert und erhöhte 77 Sekunden vor dem Ende auf 90:87. Die nächsten Angriffe beider Teams verliefen im Sande, dann knallte Freudenberg den nächsten Dreier ins Herz der Gießener – 90:90. Die 46ers spielten nach vorne, Bryant zog das Foul, konnte aber nur einen seiner beiden Freiwürfe verwandeln (91:90). Frankfurt startete den finalen Sturmlauf. Nun überschlug sich die Dramatik nahezu: Frankfurt-Urgestein Quantez Robertson verlor den Ball, Frankfurt blieb nach Sprungball-Entscheidung jedoch in Ballbesitz. Die SKYLINERS passten auf Jason Clark, der den alles entscheidenden Versuch jedoch verwarf. Mahir Agva hielt nicht nur den Rebound sondern auch den Sieg im gleichen Moment fest, in dem die Schlusssirene ertönte und das Gießener Publikum in tosendem Beifall explodierte.
Die GIESSEN 46ers bestätigen damit ihre starke Frühform und beißen sich zunächst in den oberen Tabellenregionen fest. In der kommenden Woche reisen die Spieler von Ingo Freyer zum Sonntagsspiel in den Süden der Bundesrepublik. Um 18 Uhr ist Tip-off im Münchener Audi-Dome zum Match der GIESSEN 46ers gegen den FC Bayern München.
Ingo Freyer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Ich bin natürlich froh, dass wir dieses Derby gewinnen konnten. Diesmal kann man wirklich sagen, dass es eine absolute Teamleistung war – besonders in der ersten Hälfte. Max Montana und Mahir Agva haben uns heute auch viel weitergeholfen, sodass wir da einen guten Lauf hatten. Im letzten Viertel war es dann eng, da zählt dann jede Kleinigkeit und Glück gehört dann natürlich auch dazu. Respekt vor Gordon Herbert und seiner Mannschaft. Es ist wirklich sehr schwer gegen Frankfurt zu spielen und deshalb freut es mich ganz besonders, dass Spiel vor eigenem Publikum gewonnen zu haben“
Gordon Herbert (Cheftrainer FRAPORT SKYLINERS): „Gratulation an Ingo Freyer und sein Team. Gießen kann stolz darauf sein, das Spiel gewonnen zu haben. Zudem war hier für beide Teams eine tolle Atmosphäre und es ist immer etwas Besonderes, hier zu spielen. Im vierten Viertel haben wir wirklich gut gespielt und uns zurückgekämpft. Besonders Richard Freudenberg hat für uns ein sehr gutes Spiel gemacht.“
GIESSEN 46ers – FRAPORT SKYLINERS 91:90 (51:46)
Viertelergebnisse: 21:20, 30:26, 21:18, 19:26
GIESSEN 46ers: Siyani Chambers (2 Punkte), Bjarne Kraushaar, Jeril Taylor, Mahir Agva (11, 4 Rebounds), Alen Pjanic, Max Montana (12), Max Landis (16), Leon Okpara, Benjamin Lischka (11), Larry Gordon (10), Brandon Thomas (12), John Bryant (17, 11 Rebounds, 9 Assists)
FRAPORT SKYLINERS: Erik Murphy (12), Trae Bell-Haynes (16), Garai Zeeb, Brady Heslip (7), Jason Clark (15), Shawn Huff (5), Richard Freundenberg (21), Aaron Kayser, Quantez Robertson (4), Marco Völler (10, 7 Rebounds)
Zuschauer: 3.752 (ausverkauft)
Nächstes Spiel: So., 25.11.2018, 18:00 Uhr: FC Bayern Basketball – GIESSEN 46ers