Wenige Tage nach dem Trainingsstart und kurz vor dem ersten Testspiel haben wir Cheftrainer Denis Wucherer zum Interview gebeten.
Denis, ihr seid nun seit einigen Tagen wieder im Training. Wie ist es, wieder in der Trainingshalle zu stehen?
Das gefällt mir natürlich deutlich mehr, als Spielerlisten durchzuforsten, Videos zu gucken, mit Agenten zu sprechen, vielleicht wieder umsonst Tage zu investieren, weil ein Spieler denkt, dass er einen ganz anderen Marktwert hat, als wir ihn sehen oder ausgeben können… Da hat sich viel Frustration in den letzten Monaten aufgebaut, deswegen ist es schön, dass wir wieder zurück auf dem Parkett sind und die Jungs wieder nach meiner Pfeife tanzen. (lacht) Die Arbeit in Sommer hat ganz andere Inhalte. Das ist durchaus interessant, aber manchmal eben auch frustrierend. Im Vergleich hält sich die Frustration bei der Arbeit mit der Mannschaft bislang in Grenzen. (grinst)
Wie ist Dein Eindruck nach den ersten Tagen mit der neuen Mannschaft?
Nach wie vor haben wir ein sehr gutes Gefühl, dass wir in puncto Qualität, passend zu unserem Budget, eine gute Balance gefunden haben. Die Mischung passt, glaube ich. Zudem ist es gut, dass die Mannschaft so im Kern schon zusammengespielt hat. Das merkt man im Training, wir sind nach einer Woche schon deutlich weiter, als wir das letztes Jahr zum selben Zeitpunkt waren. Das hilft uns schon jetzt und wird uns auch Anfang der Saison helfen. Aber wir müssen gucken, in wie weit wir eine Mannschaft haben, die auf dem BBL-Niveau mitspielen und sich Chancen erarbeiten kann, Spiele zu gewinnen. Da werden uns die Testspiele ein Gefühl für geben. Aber natürlich müssen wir uns daran gewöhnen, dass es nun noch schwerer wird, Spiele zu gewinnen. Und dass das vielleicht seltener vorkommt, als wir uns das wünschen würden.
Braydon Hobbs wird voraussichtlich erst Anfang September zum Team stoßen.
Ja, dann haben wir noch einen Monat mit ihm in der Vorbereitung. Das ist schon noch eine Menge Zeit. In der Tat müssen wir uns da, auch als Coaches, immer wieder dran erinnern, auch wenn es auf dem Parkett mal etwas wild ist, dass noch einer fehlt, der da Ruhe reinbringt, gute Entscheidungen trifft und die freien Leute findet. Als Grundgehirn des Teams mit Cam, TJ und Braydon haben wir schon drei, die häufig den Ball haben werden und oft gute Entscheidungen treffen. Wenn er dann Anfang September zu uns stößt, glauben wir schon, dass wir dann noch eine Spur besser und organisierter werden.
Das Team verfügt über wenig BBL-Erfahrung, hat sich aber in der letzten Saison schon als Mannschaft mit Herz gezeigt. Wie wichtig wird das auch in der kommenden Saison sein?
Ich glaube schon, dass es absolut für uns sprechen und ein Vorteil sein wird, dass wir den Kern so zusammen halten konnten und auf dem aufbauen können, was wir uns in der vergangenen Saison erarbeitet haben. Die Chemie wird dieses Jahr nicht schlechter sein, eher noch besser, weil die Mannschaft noch mehr zusammenrücken wird. Das wird die Basis sein, denn nur durch absolute Geschlossenheit und absoluten Zusammenhalt haben wir eine Chance, gegen Mannschaften mit deutlich größerem Budget zu bestehen. Dadurch, dass wir zumindest keinen BBL-Veteran haben, sitzen wir ja alle in einem Boot. Auch das hilft noch mal, dass es uns noch mehr zusammenschweißt. Die Basis ist, dass wir eine verschworene Gemeinschaft sein werden, die sich das Herz rausreißt und jedes Spiel die Chance erarbeitet, das Spiel zu gewinnen.
Die neue Saison wird Deine erste als Cheftrainer in der BBL sein. Bist Du gespannt auf die Duelle an der Seitenlinie?
Absolut. Zuletzt hatten wir ein Treffen, an dem alle anderen 17 Head Coaches dabei waren. Da ist mir schon aufgefallen, dass du nicht nur gegen die gegnerische Mannschaft spielst oder deine eigene Mannschaft coachst, sondern du auch gegen einen Trainer coachst, der weiß, was er tut. Es gibt gute Gründe, warum diese Trainer dort coachen. Da müssen wir als Coaching-Team natürlich auch vorbereitet sein, zum Beispiel darauf, was im Spiel passieren kann, was der Gegner sich ausdenkt, wie er reagiert, wie er im Spiel Dinge verändert. Da wird immer auf hohem Niveau gecoacht. Wir müssen vorbereitet sein, freuen uns aber natürlich drauf!
Worauf liegt der Fokus in der Arbeit mit der Mannschaft momentan?
Neben den physischen und konditionellen Grundlagen arbeiten wir früh an komplexeren Dingen. Genau das ist eben der Vorteil, dass sich der Großteil der Jungs auf dem Feld schon kennt. Wir machen jetzt schon Dinge, an denen wir in der letzten Saison vielleicht erst drei Wochen später arbeiten konnten. Außerdem bestreiten wir bewusst früh viele Testspiele. Wir glauben, dass das eine gute Entscheidung ist. Die Detailarbeit kommt dann eher etwas später dran.
Am Sonntag steht bereits der erste Test an. Mit dem Iran trefft ihr dabei auf den amtierenden Asienmeister.
Natürlich kommt das Spiel eigentlich viel zu früh, aber da geht es eben auch um einen Gefallen, den ich da auch gerne Coach Dirk Bauermann tue. Er ist momentan mit seiner Mannschaft in Bamberg und bereitet sich auf die Asienmeisterschaft vor. Wir werden das Spiel natürlich nutzen, um zu schauen, wie unsere Jungs zusammenspielen, wie sie das umsetzen, was wir uns in den ersten zehn Tagen erarbeitet haben. Spielen macht immer mehr Spaß als Training. Uns wird das ganz gut tun. Aber es geht natürlich nicht um das Ergebnis.
Was erhoffst Du Dir von dieser Partie?
Ich will sehen, dass die Jungs versuchen das umzusetzen, was wir uns erarbeitet haben. Dass die Neuen zeigen, dass sie das auch verstehen und verinnerlichen. Ich will sehen, dass wir hart spielen, hart verteidigen, vorne gut zusammenspielen und den freien Mann finden. Ob dann die Würfe reingehen oder nicht, ist erstmal sekundär.
Vielen Dank für das Gespräch, Denis!