Mit einem 17:0-Lauf im letzten Viertel erkämpften sich die GIESSEN 46ers nach einem fast aussichtslosen Spielverlauf vor 3.572 Zuschauern in der Sporthalle Gießen-Ost den Sieg gegen Phoenix Hagen. Karsten Tadda avancierte nicht nur zum Leader einer über weite Strecken unsicher auftretenden Mannschaft, er holte sich mit 19 Punkten auch den Titel des Topscorers der Partie. Braydon Hobbs, mit seinem ersten Double-Double der Beko-BBL-Karriere (15 Punkte, 10 Rebounds, 7 Assists), und Cameron Wells (14 Punkte, 8 Assists) steuerten ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zum phänomenalen Sieg bei.
„Der Tank scheint wieder aufgefüllt“, ließ Denis Wucherer nach dem Allstar-Wochenende und vor dem ersten Heimspiel im neuen Jahr verlauten. Zuletzt hatte es für die 46ers in einem prall gefüllten Programm um den Jahreswechsel zwei Niederlagen gegeben, die auch dem hohen Energie-Verschleiß und der Verletzten-Misere zuzuschreiben waren. Letztere blieb den Gießenern leider auch im neuen Jahr treu: Neben den Langzeitverletzten Maurice Pluskota (Stressfraktur im rechten Unterschenkel) und Anthony DiLeo (Mittelfußfraktur) mussten die Hausherren auch auf Achmadschah Zazai und Ethan Wragge verzichten, die aufgrund muskulärer Probleme aussetzen mussten.
Mit den „Allstars“ Karsten Tadda und Suleiman Braimoh sowie Cameron Wells, Braydon Hobbs und Gabriel Olaseni in der Starting Five, galt es für die Mannschaft von Denis Wucherer den Platz im Tabellenmittelfeld zu festigen und Revanche für die knappe Hinrunden-Niederlage in Hagen (83:86) zu nehmen. Doch der gute Start ins Spiel misslang. Beim Stand von 0:8 nahm Coach Wucherer die erste Auszeit (3.). Olaseni und Tadda besorgten daraufhin die ersten Gießener Zähler (4:8, 4.). Doch die 46ers schienen trotz physischer Frische nicht voll konzentriert. Braimoh versenkte zwar einen Dreier und auch Karsten Tadda erarbeitete sich seine nächsten zwei Punkte, aber zu häufig gaben die GIESSEN 46ers den Ball unnötig aus der Hand, trafen nur drei von 17 Würfen und ermöglichten den Gästen somit den Ausbau der Führung (9:22, 8.). Die Nordrhein-Westfalen wirkten in der Anfangsphase deutlich bissiger und fokussierter, weshalb das erste Viertel mit einem aus Gießener Sicht ernüchternden 9:25 endete.
Die zweiten zehn Minuten starteten die 46ers besser. Benjamin Lischka, dessen Vertragsverlängerung zuletzt bekannt geben wurde, traf seinen Wurf für zwei Punkte. Unterstützt vom Scharfschützen Eric James Palm schafften die Gastgeber es zumindest, den Rückstand nicht weiter anwachsen zu lassen (14:30, 11.). Auch Gabriel Olaseni stabilisierte sich weiter und Gießen arbeitete sich besser in die Partie, ohne jedoch aufzuholen (24:40, 16.). Aber gerade als in der Sporthalle Gießen-Ost wieder ein bisschen Hoffnung aufkeimte und sich viele an die tolle Aufholjagd im Hinspiel erinnerten, schlichen sich wieder Unkonzentriertheiten in das Gießener Spiel, welche der Gegner auszunutzen wusste (26:43, 17.). Wieder sollte eine Auszeit die Konzentration zurückbringen, wieder gelang es leider nur kurzfristig. Die US-Amerikaner Wells und Hobbs sowie der Deutsch-Kubaner Bartolo verbesserten ihre Bilanzen (35:46, 19.); dennoch ging auch das zweite Viertel an die Gäste aus Hagen. Ganze 18 Punkte trennten beide Teams beim Abpfiff zur Halbzeit. (34:52, 20.)
Ein ähnliches Bild wie im zweiten Viertel zeigte sich auch nach der Pause. Die Mannschaft von Ingo Freyer setzte regelmäßige Nadelstiche aus der Distanz, die 46ers hielten zwar dagegen, konnten aber wegen mangelnder Konstanz, sowohl im Angriff als auch in der Defensive, den Rückstand nicht nachhaltig verkürzen (38:54, 22.). Für seltene Highlights sorgten immerhin Braydon Hobbs aus der Distanz und Bartolo mit seinem agilen Zug zum Korb (50:63, 26.). Doch kaum gab es etwas für die heimischen Fans zu bejubeln, durften auch die vielen mitgereisten Hagener sich über Punkte ihrer Mannschaft freuen. (55:75, 28.) Weil Hagen nun nicht mehr bis aufs Äußerste verteidigte und Tadda, sowie Wells ihre freien Würfe verwandeln konnten, endete das dritte Viertel mit 65:80.
Denis Wucherer schaute zu Beginn der letzten zehn Minuten zwar skeptisch auf die Anzeigetafel, doch es macht ihn und seine Mannschaft aus, bis zur letzten Minute alles in die Waagschale zu werfen; und so motivierte der Gießener Coach seine Spieler auch weiterhin – mit durchschlagkräftigem Erfolg. Olaseni und Bartolo punkteten zu Beginn des Viertels (68:80, 32.), Karsten Tadda baute den Lauf mit einem sehenswerten Korbleger aus und plötzlich waren auch die Fans der 46ers wieder wach. Hagen scheiterte immer wieder an der nun enorm gesteigerten Gießener Defensive, die Distanzwürfe fielen nun nicht mehr und Bartolo verkürzte erstmals seit dem ersten Viertel wieder auf einen einstelligen Rückstand (72:80, 34.). Nach mehreren Ballverlusten auf beiden Seiten war es erneut der Gießener Guard Braydon Hobbs, der drei Punkte für die Hoffnung auf die Wende beisteuerte. Die Stimmung in der Halle brannte nun lichterloh. Wieder gab Hagen den Ball ab, wieder versenkte Braydon Hobbs den Dreier. Gießen war vier Minuten vor dem Ende auf zwei Zähler herangekommen, glich im folgenden Spielzug durch Olaseni sogar aus, woraufhin Hagen, nach einem sensationellen 17:0-Lauf der 46ers, die ersten Zähler des Viertels auf ihrem Punktekonto verbuchen konnte und zunächst wieder in Führung ging (80:82, 37.). Nun aber hatte Gießen immer die richtige Antwort parat: Karsten Tadda holte mit seinem weiteren Drei-Punkte-Wurf die erste Gießener Führung im Spiel, die die Mannschaft in einer euphorischen Schlussphase nun nicht mehr abgab. Der wieder selbstbewusster gewordene Cameron Wells und der heutige Leader der Mittelhessen, Karsten Tadda, erhöhten nun sogar auf 87:82 (38.). Hagen, nun gänzlich vom Wurfglück verlassen, konnte auch aus einem unsportlichen Foul von Bartolo keinen großen Nutzen mehr ziehen und verlor ein schon gewonnen geglaubtes Spiel in einem ein völlig verrückten letzten Viertel schlussendlich mit 90:83.
Denis Wucherer (Trainer GIESSEN 46ers): „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Aufsteiger sind und da jeder Sieg zählt. Wir sind jetzt bei acht Siegen und freuen uns darüber natürlich sehr. Die ersten drei Viertel waren nicht gut, das war der Leistung der Hagener geschuldet, die sehr hochprozentig geworfen haben. Allerdings stimmte da bei uns die Intensität nicht, wir waren zu weit weg von den Werfern. Die Eins-gegen-Eins-Verteidigung war nicht existent. Mit diesem Aufwand werden wir in dieser Liga kein Spiel mehr gewinnen, aber das letzte Viertel war okay.“
Ingo Freyer (Trainer Phoenix Hagen): „Wir haben solche Spiele schon öfter gespielt. Wer am Ende das bessere Viertel hat, der gewinnt die Partie. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr konzentriert verteidigt, Gießen kam dann aber ins Laufen in der zweiten Halbzeit. Sie sind ihre Fastbreaks mit sehr hoher Intensität gelaufen. Nachdem sie dann noch ein paar Dreier getroffen haben, waren sie plötzlich im Spiel. Die Verteidigung war dann aber der Grund, warum wir im letzten Viertel unseren Rhythmus und Kopf verloren haben.“
GIESSEN 46ers – Phoenix Hagen 90:83 (34:52)
Viertelergebnisse: 9:25, 25:27, 31:28, 25:3
GIESSEN 46ers: Konstantin Kovalev, Braydon Hobbs (15 Punkte, 10 Rebounds, 7 Assists), Yorman Polas Bartolo (10), Eric James Palm (9), Benjamin Lischka (2), Suleiman Braimoh (8), Karsten Tadda (19), Cameron Wells (14), Gabriel Olaseni (13), Björn Schoo
Phoenix Hagen: Owen Klassen (4 Punkte), David Bell (11), Adam Hess (7), Niklas Geske (2), Pascal Zahner-Gothen, J.J. Mann (11), Ivan Elliott (8), Jonas Grof (6), D.J. Covington (17), Brandon Jefferson (17)
Zuschauer: 3.572
Nächstes Spiel: Sonntag, 31.01.2016, 17:00 Uhr: FC Bayern München – GIESSEN 46ers