Am Ende machten es die Gießener im zweiten Duell gegen die Reserve des FC Bayern Basketball binnen weniger Tage nochmal spannend: Als Karim Jallow fünfeinhalb Minuten vor dem Ende per Korbleger den 72:72-Ausgleich erzielte, drohten die Mittelhessen ein Spiel aus der Hand zu geben, in dem sie über weite Teile führten und ihren Halbzeitvorsprung von 48:33 verwalteten. Nach einer Auszeit legten die Gießener angefeuert von 251 Fans in der Sporthalle Gießen-Ost jedoch den Schalter um. Angeführt von Kapitän Johannes Lischka, der das Momentum durch einen komplexen Jumper wieder auf mittelhessische Seite zog, initiierten die 46ers einen Gegenlauf. Fünf Punkte in Serie von Jeril Taylor brachten bei noch zwei zu spielenden Minuten schließlich ein vorentscheidendes 83:72 auf die Anzeigetafel. Durch den dritten Sieg in Folge festigen die GIESSEN 46ers Rackelos Platz vier in der ProB-Süd.
Gewisse Ähnlichkeiten zum Spielverlauf des Auswärtsspiels in München sind dabei nicht von der Hand zu weisen. Eine gallige Ganzfeldzonenverteidigung kombiniert mit einem effektiven Umschaltspiel legte die Grundlage für eine erfolgreiche erste Halbzeit. „Die Bayern haben uns Fullcourt aber erneut stark unter Druck gesetzt und das Spiel an die Freiwurflinie verlagert“, erklärt Cheftrainer Rolf Scholz den verlorenen Spielrhythmus im dritten Viertel. „Durch eine starke Teamleistung haben wir dann aber den Sack zugemacht. Es ist einfach schön zu sehen, dass jede Woche ein anderer Spieler das Potential hat, das Zepter an sich zu reißen“, ergänzt Assistenzcoach Lutz Mandler. Power Forward Nick Hornsby legte mit 24 Zählern so seinen Saisonbestwert aufs Parkett, während Leon Okpara für Entlastung von der Bank sorgte: Der neunzehnjährige Guard erzielte zehn Punkte.
Im Gegensatz zum ersten Aufeinandertreffen gelang den Rackelos allerdings kein Start-Ziel-Sieg: Marvin Ogunsipe erzielte nach einem Offensivrebound die ersten Punkte des Spiels. Lischka per Fadeaway-Jumper und Hornsby an der Freiwurflinie bestellten im Gegenzug die erste Führung der Hausherren. Infolgedessen entwickelte sich über die Stationen 8:8 und 14:13 ein ausgeglichenes Auftaktviertel, bevor die 46ers durch einen 10:2-Schlussrun in den letzten zwei Minuten die Initiative übernahmen. Besonders sehenswert nahm sich ein Touchdown-Pass Okparas übers ganze Feld aus, der so Taylor mit chirurgischer Präzision im Fastbreak bediente. Weitere Strafwürfe des US-Amerikaners, der mit 25 Punkten erneut Topscorer werden sollte, meißelten ein 24:15 nach den ersten zehn Minuten auf die Anzeigetafel.
Die aggressive Verteidigung der Rackelos erzwang zu Beginn des zweiten Viertels mehrere Ballverluste. Hornsby stibitzte das Spielgerät von Münchens Nelson Weidemann und assistierte im Fastbreak Okpara. Wenig später erkämpfte sich Alen Pjanic im bayerischen Ballvortrag denselben und vollstreckte mit einem zweihändigen Dunk. Hornsby per Dreier sowie Layup nach Pässen Bjarne Kraushaars, erneut Okpara nach starker Penetration sowie Pjanic aus der Mitteldistanz schraubten die Führung bis auf 37:16 in die Höhe (6:01 Minuten). Danach fand der FCB offensiv zwar zu seinem Spiel zurück, erkämpfte sich gleichzeitig aber zu wenige eigene Stops, um den Rückstand zu reduzieren. Georg Beyschlags Dreier markierte so zwar den 31:44-Anschluss, kurz darauf ließ Okpara aber per Fastbreakdunk wieder die Heimfans klatschen. Korblegerpunkte Pjanics ließen die Hessen mit einem 48:33 in die Kabine gehen.
Auch nach dem Seitenwechsel bot sich den Zuschauern ein offener Schlagabtausch. Beyschlag und Weidemann verkürzten zum Auftakt so zwar auf 38:48 aus bayerischer Sicht. Lischka fand jedoch die richtige Antwort und ließ den Ball in kurzer Folge aus der Mitteldistanz und am Brett durch die Reuse flutschen (52:40, 7:28 Minuten). Nach Freiwürfen Lischkas lagen die 46ers vermeintlich komfortabel mit 64:48 in Front. Da sich das Spieltempo durch eine an Freiwürfen reiche Partie nun jedoch drosselte, kamen die Bayern schrittweise zurück ins Spiel: Treffer von Weidemann, Jannick Jebens und Jallow gestalteten einen 15:4-Lauf, durch den die Gäste am Ende des dritten Viertels nur noch mit 63:68 zurücklagen.
Zwar war es Pjanic, der nach Einwurf an der Grundlinie die ersten Punkte des Viertels bestellte. Da die Rackelos in dieser Phase aber eine Reihe an guten Wurfmöglichkeiten aus der Dreipunktedistanz ausließen, machte München in einer kampfbetonten Partie weiter Boden gut. Weidemann traf per Jumper ins Gesicht von Marian Schick, bevor Sebastian Rauch in einer verwaisten 46ers-Zone nur abzulegen brauchte. Schließlich stahl Jallow den Ball nach einem verunglückten Pass Kraushaars und legte im Fastbreak zum 72:72-Ausgleich ab.
Zu den beeindruckenden Merkmalen der GIESSEN 46ers Rackelos in dieser Spielzeit zählt jedoch, dass das Team nach schwachen Phasen keine Nerven zeigt und in der Lage ist, den Spieß umzudrehen. Nach einer Auszeit übernahm Lischka Verantwortung und brachte durch einen schweren Korb in Brettnähe das 74:72 aufs Tableau. Auf der Gegenseite vergab Ogunsipe einen nicht minder komplizierten Versuch kurz vor Ablauf der Schussuhr. Den Rebound kontrollierte erneut Lischka, der über Kraushaar den Fastbreak einleitete. Der 18jährige Aufbauspieler bediente Hornsby, der Sekunden später zum 76:72 ablegte. Gäste-Trainer Oliver Kostic beantragte eine Auszeit, von der sich die 46ers jedoch nicht aus der Ruhe bringen ließen. Weniger nervenstark präsentierte sich Amar Gegic, der zunächst zwei Freiwürfe liegen ließ und sich in der nächsten Angriffssequenz an einem Alley-oop-Anspiel versuchte. Statt ein Ausrufezeichen zu produzieren, fing Kraushaar den Ball ab: Taylor vergab im darauffolgenden Play zwar einen Jumper, konnte sich aber auf Pjanic verlassen, der seinerseits den Ball zu Taylor zurücktippte. Dieser spielte Lischka in guter Position unterm Brett an: 78:72.
Während die Mittelhessen ihren Korb weiter vernagelten, brachten Treffer Taylors aus Mittel- und Dreipunktedistanz schließlich die Vorentscheidung. Zwar ließ Ogunsipe mit Zählern von Downtown den Punktepuffer ein letztes Mal in den einstelligen Bereich schmelzen (75:83, 1:17 Minuten). Für eine Trendwende war es jedoch zu spät, weshalb die GIESSEN 46ers Rackelos mit den Fans den vierten Heimsieg in der laufenden Spielzeit feiern konnten.
Rolf Scholz (Cheftrainer GIESSEN 46ers Rackelos): „Man hat uns unsere schweren Beine angemerkt. Wir befinden uns am Ende des Jahres, haben nun schon einige Wochen mit mehreren Partien in den Knochen: Da fehlte uns an manchen Stellen die Spritzigkeit. München hat wie schon am Samstag nicht nachgelassen und uns ein hartes Match geliefert. Desto glücklicher sind wir, dass wir das Spiel durch eine kompakte Teamleistung gewonnen haben.“
Weiter geht es für die Rackelos bereits am nächsten Mittwoch (13.12., 20:30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen den Tabellensiebten aus Schwelm. Zum letzten Spiel des Jahres führt die Reise am darauffolgenden Samstag in den Rhöndorfer DragonDome.
GIESSEN 46ers Rackelos – FC Bayern München Basketball II 90:78 (48:33)
Viertelergebnisse: 24:15, 24:18, 20:30, 22:15
GIESSEN 46ers Rackelos: Bjarne Kraushaar (2 Punkte, 10 Assists), Jeril Taylor (25), Alen Pjanic (10), Leon Okpara (10), Johannes Lischka (18), Marian Schick (1), Leo Vrkas, Nick Hornsby (24, 10 Rebounds)
FC Bayern München Basketball II: Nelson Weidemann (14), Georg Beyschlag (12), Amar Gegic, Jannick Jebens (8), Bruno Vrcic, Niklas Kropp, Sebastian Rauch (2), Luca Burkhardt (5), Marvin Ogunsipe (12), Karim Jallow (25)