(Foto: Thore Bischoff)

Erst Schampus, dann Bierchen

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JobStairs GIESSEN 46ers freuen sich über starken Crews und zwei glänzende Viertel

Gießen. Luis Figge robbt übers Parkett und verteidigt den Ball gegen gleich drei Gegner. Trevion Crews tut es seinem Mannschaftskameraden wenig später gleich und angelt sich im Bodenkampf irgendwie die orangene Kugel unter höchster Bedrängnis. Und schon ist die von 2113 Zuschauern besuchte Osthalle endgültig aufgetaut. Schon toben die Fans, Schon springt der Funke über. Doch was heißt schon? Endlich.

Kurz vor der Halbzeit des ProA-Spiels in der BARMER-2. Basketball-Bundesliga der JobStairs GIESSEN 46ers gegen die Artland Dragons singen die Fans. Anlass dafür hätte es schon in den Minuten zuvor gegeben. Nach fast schon gewohnt schwierigem Start steigern sich die Mittelhessen. Steigern sich phasenweise in einen kleinen Spielrausch, der erst in der Schlussphase abreißt, so dass am Ende der 92:80 (56:41)-Erfolg nicht annähernd die über weite Strecken beeindruckende Dominanz der Mannen von Branislav Ignjatovic widerspiegelt.

»Das waren drei starke und ein schwaches letztes Viertel?«, wird der Trainer später auf der Pressekonferenz gefragt. »Das«, so antwortet »Frenki« etwas knurrig, »ist Ihre Sichtweise.« Denn natürlich gab es Erklärungen für den schwachen Schlussabschnitt. Doch von Anfang an: In einem zähen ersten Viertel hält vor allem der zunächst überragende, weil so treffsicher wie der Held eines alten Karl-May-Films auftretende Duane Wilson die 46ers   im Spiel.

Doch nach dem klassischen Fehlstart gegen anfangs durchaus bissige Drachen beim 7:12 (4:40) dreht neben Wilson auch Robin Benzing mit diesmal sicherem Händchen auf. Der Kapitän besorgt das 12:12 und wenig später auch das 17:14 per Korbleger (6:00). Im Spiel der Unistädter fügt sich nun ein Puzzleteilchen ins andere. Von Minute zu Minute tritt das ansehnliche Gesamtbild, das diese Mannschaft bieten kann, deutlicher zu Tage. Als erneut Wilson ein Zwei-plus-Eins-Spiel zum 27:21 verwertet, hallt auch schon lautstärker das bekannte »Super-Gießen« durch die diesmal gut geheizte Halle. Und die Männer auf dem Parkett heizen in der Folge ebenfalls ordentlich ein. Neuzugang Crews zeigt mit einem Dreier zum 30:25, wie wertvoll er für die Mannschaft sein kann. Und erntet später prompt ein Sonderlob seines sportlichen Vorgesetzten: »Das war einfach geil«, schnalzt Ignjatovic mit der Zunge, »wie er sich eingefügt hat. Mit ihm sind wir viel variabler.« Und Benzing, der an diesem Abend eine so starke Präsenz ausstrahlt wie der alte John Wayne in einem feinen Spätwestern, zwingt mit seinem Dreier zum 39:30 nach 13 Minuten den Dragon-Dompteur Julien Patrick Flomo zur Auszeit. Doch die verpufft so wirkungslos wie die Ankündigung eines Online-Händlers, auf bessere Arbeitsbedingungen zu achten. Nach Wilsons nächstem Dreier zum 42:32 haben sich die 46ers nach einer Viertelstunde Spielzeit die erste Zehn-Punkte-Führung erobert.

Und als wenig später der einsatzfreudige Figge und der bärenstarke Crews mit ihren Bodenturnübungen auch den letzten vielleicht noch verfrorenen Zuschauer erwärmt haben, singt die Halle wie gewohnt »Meine Liebe gehört dem MTV«. Und beim 56:41 nach einer tatsächlich überaus unterhaltsamen ersten Hälfte deutet nichts, aber auch gar nichts mehr auf ein Comeback des Tabellenletzten ein.

Fast schon Mitleid mit den inzwischen von Zahnausfall bedrohten Drachen macht sich breit, als nach der Pause zusätzlich Stefan Fundic unter den Körben aufräumt. Der Publikumsliebling der Osthalle erhöht nach einem wunderbaren Anspiel von Benzing auf 68:45 (24:30 Minuten). Und als der Kapitän kurz darauf auf 72:47 stellt, muss der verzweifelte Gästecoach zur nächsten Notstandskonferenz an die Seitenlinie bitten, um Auflösungserscheinungen zu verhindern.

76:56 führen die Mittelhessen vor dem letzten Viertel. Doch nun stockt der Spielfluss der 46ers, bis er schließlich nur noch tröpfelt. Statt Schampus gibt`s das kleine Feierabend-Bier. Warum? Das beantwortet später Ignjatovic: »Als Trainer muss man bei einer 20-Punkte-Führung auch mal den Spielern Einsatzzeiten geben, die sonst nicht so zum Zuge kommen.« Das macht Sinn. Das macht aber in der Schlussphase die Partie fast noch einmal spannend. Als die nun einsatzfreudiger auftretenden Quakenbrücker auf 76:88 knapp zwei Minuten vor Schluss verkürzen, bittet der 46ers-Coach nochmals an die Seitenlinie. Und zwei Freiwürfe von Crews und ein Dunking von Wilson zum 92:80-Endstand beseitigen schließlich die leisen Siegeszweifel in den Schlussminuten.

Ende gut, alles gut! Alles dann doch nicht. Zumindest kündigt der Boss seinen Angestellten eine kleine Nachbetrachtung an: »Da gab es ein paar Minuten, die wir noch analysieren werden«, sagt Ignjatovic zum Abschluss. Ein Sieg, der sogar für eine kleine Nachhilfestunde taugt: So mögen das die Trainer.

 

JobStairs GIESSEN 46ers: Wilson (22), Crews (17), Heyne, Herget, Fundic (9), Benzing (19), Maier (6), Figge (4), Kahl, Kovacevic (2), Nyama (10), Krajcovic (3).

Artland Dragons: Watkins (9), Gibbs (10), Döding, Ratton (2), Anthony (6), Forrester (16), Binapfl (9), Thomas (10), Hundt (3), Jogminas (7), Kayser (8).

 

5 gute 46ers Zutaten:

 

Zuschauer: 2113

Zuversicht: 17 Punkte von Trevion Crews

Zugriff: 9 Rebounds von Stefan Fundic

Zuarbeit: 5 Assists von Simon Krajcovic

Zukunft: Samstag, 9. Dezember, 19 Uhr: BBC Bayreuth – JobStairs GIESSEN 46ers.

 

 

Text: Karsten Zipp

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