Interview mit Dr. Petra Michel-Leutheuser – Eine Frau für alle Fälle

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Die Vorbereitungszeit für die easyCredit BBL-Saison 2021/22 war intensiv und ging auch nicht ohne Blessuren vonstatten. Dabei rückt dann Teamärztin Dr. Petra Michel-Leutheuser in den Vordergrund, die zusammen mit ihren Kollegen Dr. Wolfgang Leutheuser und Dr. Ulrich Faber die Leistungsfähigkeit der Spieler wieder schnellstmöglich in die rechte Lage bringen soll. Im Interview erzählt sie von den Herausforderungen, Erlebnissen und Dingen, die einen zum Schmunzeln bringen oder auch nicht.


Petra, als kleine Einstiegsfrage für dich. Wie verlief für dich persönlich die Pre-Season und wie sind die ersten Eindrücke der neuformierten Mannschaft?

Die Vorbereitung lief wie immer – mit einer gewissen Hektik, alle Spieler sollen bzw. müssen vor Trainingsbeginn sportmedizinisch untersucht werden und kommen in der Regel „kurz vor knapp“ mit dem Flieger an. (lacht)

Du bist als einzige Frau mit auf der Bank. Wie verschafft man sich bei so vielen Kerlen den nötigen Respekt?

Ich glaube, den habe ich. (lacht) Es ist ein sehr gutes Miteinander von Respekt und Akzeptanz wie es sich in einem Team gehört.

Nach einer zuvor weniger ernsthaften Frage mal etwas seriöser gesprochen – wie angespannt bist du in deiner Funktion als verantwortliche Ärztin bei einer Partie? Schaut man sich das Spiel anders an und sucht schon bei den Spielern mögliche Anzeichen von Verletzungen, Ermüdung oder ähnlichem?

Man ist schon angespannt, wenn man auf der Bank sitzt und beobachtet das Spiel mit anderen Augen als die Zuschauer. Wobei ich immer froh bin, wenn ich nichts zu tun habe. In der Liga ist es üblich, dass zunächst der Physiotherapeut auf das Spielfeld geht. Als Arzt geht man erst auf das Parkett, wenn man gerufen wird. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Wenn man im Spielverlauf beobachtet, dass eine wirklich gravierende oder gar lebensbedrohliche Situation entstanden ist, kann man als Arzt ohne die Erlaubnis des Schiedsrichters das Spiel unterbrechen und auf das Parkett gehen. Man spricht hier von „Gefahr in Verzug“.

Wie sieht es aus, wenn dann wirklich etwas passiert ist. Nimmt man das Umfeld in der Sporthalle Gießen-Ost dann noch wahr oder ist der Fokus schon voll und ganz auf die Person gerichtet? Und nimmt man den Spieler dann noch als solchen wahr, oder hat man direkt das rein Anatomische vor Augen?

Wenn wirklich etwas passiert, ist man schon fokussiert auf den Spieler und nimmt tatsächlich das Umfeld in der Halle nicht mehr wahr. Und natürlich nimmt man nicht nur die anatomischen Gegebenheiten wahr (schmunzelt), sondern hat den Spieler im Blickfeld und versucht diesen zu

beruhigen, denn auch der Spieler hat Angst. Als Profi kommt dann auch schon mal der Gedanke „kann ich überhaupt noch weitermachen?“ Man muss also einen guten Weg finden, den Spieler einerseits zu beruhigen und ihn andererseits schnell und möglichst gründlich zu untersuchen. Das machen wir natürlich am liebsten außerhalb des Spielfeldes, ohne Zuschauer.

Du hast schon allerhand im Basketball mitgemacht, unabhängig von den JobStairs GIESSEN 46ers. Was hat dich in dieser Zeit vor eine große Herausforderung gestellt?

Meine größte und gelichzeitig schönste Herausforderung war die Teilnahme als Ärztin im Deutschen Paralympischen Team 2012 in London. Ansonsten sind die Wochenenden immer eine Herausforderung, an denen man ehrenamtlich auf der Bank sitzt obwohl man seine Freizeit auch anders gestalten könnte. Aber Gott sei Dank müssen wir ja nicht zu den Auswärtsspielen mitfahren, weil es die Vereinigung der Basketball-Doktoren, die so genannten „Basket-Docs“ gibt und wir uns da gegenseitig unterstützen.

In dieser Vorbereitung galt es ebenfalls wieder einige Herausforderungen anzugehen und die verletzten Spieler schnellstmöglich und vollständig zur Topform zu führen. Wie habt ihr das gemeinsam geschafft? Und war es das übliche Bild oder waren es diesmal mehr Ausfälle als in den vorherigen Pre-Seasons?

Es waren eigentlich nicht mehr Ausfälle als zu vorherigen Vorbereitungszeiten, vielleicht, durch die besondere Situation namens „Corona“, andere sportunabhängige Erkrankungen. Das haben wir aber gemeinsam gut hinbekommen. Dabei haben die Absprachen funktioniert und wir sind am Ende der Pre-Season wieder auf einem guten Weg.

Neben Wehwehchen und gesundheitlichen Problemfällen hast du bestimmt einen Moment bei den 46ers, an denn du dich am liebsten erinnerst oder der dich zum Schmunzeln bringt. Welcher wäre das und warum?

Wenn ich ehrlich bin, fällt mir dazu im Augenblick nichts ein. Obwohl ich jetzt sagen muss, in Bezug auf die 46ers, ist es diese Frage, die mich doch zum Schmunzeln bringt. Also nehme ich mal diesen Moment. (lacht)

Noch eine abschließende Frage zu den Spielern. Diese gelten ja zu meist als sehr ehrgeizig und wollen immer spielen. Wie gehst du mit den Jungs um, wenn sie von dir gesagt bekommen, dass sie eine bestimmte Zeit pausieren müssen?

Wir müssen schon manchmal hart verhandeln, aber letzten Endes verstehen die Spieler eine notwendige Sportpause, wenn man es ihnen richtig erklärt. Dabei spielt auch der Coach eine wichtige Rolle. Wenn dieser, wie Pete zum Beispiel, die Spieler nicht unter Druck setzt, dann funktionieren die Maßnahmen auch.

Vielen Dank für die Einblicke, Petra!

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