(Foto: Stefan Pieper )

„Kämpfen und beißen“

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Ohne Robin Benzing machen die JobStairs GIESSEN 46ers beim 79:78 bei den Artland Dragons endgültig die Playoff-Teilnahme klar.

In jener Stadt, in der die Menschen im Dreißigjährigen Krieg unter wechselnder Besatzung schwer zu leiden hatten, haben die JobStairs GIESSEN 46ers allen Widrigkeiten getrotzt. Ohne ihren an einer Fingerverletzung leidenden Kapitän Robin Benzing, mit einem Stefan Fundic, der mit Knieproblemen auf die Zähne biss, nach einer, so Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic „katastrophalen Trainingswoche“, und nach seiner Ansicht nach „zahlreichen umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen“, die bei einer schmalen Neuner-Rotation zu einer hohen Foulbelastung führten, setzte sich seine Mannschaft am Samstagabend am 29. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA in Quakenbrück mit 79:78 (35:38) durch.

Mit dem elften Sieg im zwölften Rückrundenmatch haben die Mittelhessen das Erreichen der finanziell so wichtigen Playoffs in der Tasche und im Ringen um die Teilnahme am BBL-Pokal sowie das Heimrecht in der K.o.-Runde den Fuß auf dem Gaspedal. Dass Gießen außerdem mit dieser Bilanz einen Uralt-Rekord aus der Saison 1973/74 knackte, war eine Randerscheinung, die niemanden interessierte, zumal der fünffache Deutsche Meister damals noch der Bundesliga angehörte.

Dass der Erfolg bei den ums Überleben kämpfenden Artland Dragons bis in die Schlusssekunde auf des Messers Schneide stand, zerrte manchem Gästeakteur mächtig an den Nerven. „Halleluja, so ein komisches Spiel voller Aufs und Abs habe ich selten erlebt“, wusste Luis Figge kaum, wie er den zehnten Auswärtserfolg dieser Runde einordnen sollte. „In jedem Fall haben wir kühlen Kopf bewahrt, haben uns reingehängt und sind angesichts unserer personellen Probleme zusammengerutscht.“

In die gleiche Kerbe schlug auch der besonders in Durchgang zwei bärenstarke und schließlich an der Freiwurflinie eiskalte Roland Nyama: „Am Ende hatten wir zwar das nötige Quäntchen Glück, haben aber auch Charakter gezeigt und unterstrichen, dass wir auch ersatzgeschwächt von eins bis zehn durchgängig klasse besetzt sind.“ Und Jonathan Maier ergänzte: „Unter dem Strich war es wahrscheinlich keine richtig gute Leistung von uns, aber es hat gereicht. Wie der Sieg zustande gekommen ist, interessiert später niemanden mehr.“

In der Artland-Arena, in der in dieser Runde bereits Tabellenführer RÖMERSTROM Gladiators Trier sowie die beiden anderen Spitzenteams FRAPORT SKYLINERS und Phoenix Hagen gestolpert sind, startete die Gäste stark und lagen schon nach 200 Sekunden mit 9:2 vorne, als zunächst Simon Krajcovic den langen Jakob Forrester auf einem Bierdeckel frisch machte und schließlich Luis Figge einen Gegenstoß per Dunk abschloss. Die Hausherren berappelten sich aber wieder, führten nach einem katastrophalen Ballverlust von Roland Nyama in der eigenen Hälfte mit 12:11, ehe Duane Wilson per Rückhand im Fallen und Jonathan Maier mit der Shotclock wieder ausglichen (19:19).

Erst als Luca Kahl und Simon Krajcovic von den Refs durchaus diskutable Unsportliche Fouls aufgebrummt bekamen, Jonathan Maier an der Freiwurflinie Nerven zeigte, sich TreVion Crews verstolperte und ein Dreier von Jonathan Maier mehrfach in den Korb schaute, ehe er sich dann doch dazu entschied, in Jakob Forresters Arme zu kullern, bekam Quakenbrück beim 47:38-Zwischenstand (23.) Oberwasser.

„Wir haben aber auf die Zähne gebissen, nach dem Wechsel besser verteidigt und unter dem Strich aus unserer misslichen Situation das Beste gemacht“, lobte Branislav Ignjatovic die Seinen, die im dritten Viertel erst einen 9:0-Lauf zum 47:47 (25.) hinlegten, ehe Jonathan Maier per Alley oop einen abermaligen 12:0-Run spektakulär zum 60:55 (28.) vollendete. Als TreVion Crews Artland-Big-Man Forrester zu dessen viertem Foul nötigte und der ehemalige Gießener Kilian Binapfl an der Freiwurflinie doppelt patzte, unkte Luis Figge: „Wir haben gemerkt, dass Quakenbrück unter Druck steht. Sie haben Nerven gezeigt.“

Was sich in den dramatischen Schlusssekunden bewahrheiten sollte. Als zahlreiche Besucher schon zwei Minuten vor Schluss bei einem Acht-Punkte-Rückstand ihrer „Drachen“ die Halle verließen, sollte es doch noch einmal eng werden. Der starke Franzose Jordan Ratton, mit 24 Punkten Topscorer des Abends, besorgte sechs Sekunden vor Schluss den 78:79-Anschluss, durfte sogar an die Freiwurflinie, wo ihm die Hand jedoch zitterte. Der Abpraller landete bei Joanic Grüttner-Bacoul, doch auch der Deutsch-Franzose traf nicht, so dass „Frenki“ Ignjatovic erleichtert die Faust ballte und jeden seiner Jungs herzlich umarmte.

„Es war ein großer Sieg von uns. Nun haben wir am Mittwoch gegen Kirchheim unseren ersten Matchball in Richtung unserer Pokal-Teilnahme“, freute sich der Serbe über die engagierte Vorstellung der Seinen, die viel richtig gemacht hatten. Auch wenn Duane Wilson fünf Freiwürfe liegenließ und die beste Dreier-Truppe der Liga nur fünfmal von jenseits des Perimeters abdrückte: Fünf Schützen, die zweistellig trafen, Roland Nyama, Luis Figge und TreVion Crews, die als ständige Unruheherde den Dragons mächtig auf den Geist gingen, ein trotz schneller Foulbelastung mit starken zehn Assists glänzender Simon Krajcovic sowie am Ende nur zwölf eigene Ballverluste machten schließlich den Unterschied.

„Kämpfen und beißen war heute angesagt. Das ist uns gelungen“, erinnerte „Frenki“ Ignjatovic mit seinen Worten unbewusst am Ende doch ein wenig an die Leiden der Quakenbrücker im Dreißigjährigen Krieg.

 

Artland Dragons: Watkins (4), Chouchoumis (5), Döding (n.e.), Ratton (24), van Anthony (8), Forrester (15), Binapfl (4), Thomas (4), Hundt (4), Besselink (n.e.), Kayser (2), Grüttner-Bacoul (8).

Gießen: Wilson (20), Crews (1), Fundic (12), Maier (12), Figge (6), Kahl, Kovacevic, Nyama (14), Krajcovic (14).

 

 

5 gute 46ers-Zutaten

Zuschauer: 2100

Zuversicht: 20 Punkte von Duane Wilson

Zugriff: 7 Rebounds von Luis Figge

Zuarbeit: 10 Assists von Simon Krajcovic

Zukunft: Mittwoch, 3. April, 19 Uhr: JobStairs GIESSEN 46ers – BOZIC ESTRICHE KNIGHTS KIRCHHEIM

 

31.03.24

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