Klein, dribbelstark, mit sicherem Schuss – Josef Waniek

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Als der Hall-of-Famer Matthias Strauß in der Sommerpause nach dem letzten Pokalgewinn des MTV 1846 Gießen 1979 einmal eher beiläufig beim Bier erwähnte, da wäre im Training jetzt ein Neuer aus Koblenz, „noch ganz jung und nicht besonders groß, aber den trennt keiner vom Ball, so gut wie der dribbelt, und er hat einen Riesenschuss“, da ahnte noch niemand in der Sporthalle Ost, dass der gerade der A-Jugend entwachsene Blondschopf vom Rhein für die kommenden zehn Jahre zu einem der stärksten Eckpfeiler des MTV 1846 Gießen und ein echter Schlammbeiser werden sollte.

Josef Waniek verkörperte exakt die Tugenden, mit denen die „Kessen aus Hessen“ in den Achtzigern trotz notorisch knapper Kassen immer wieder den Großen ein Bein stellten. „Jos“ stand für Tempo-Basketball, für schnelle Dribblings, für große Treffsicherheit von ganz weit draußen – und vor allem für auf keinem Statistikbogen notierte, aber im Mannschaftssport unbezahlbare Integrationskraft.

Nach Coach Hannes Neumann formte ihn Trainer Bernd Röder zum Nationalspieler. Fünfzigmal trug Waniek das Trikot mit dem Bundesadler. Beim MTV aber begann seine beste Zeit, als Günter Lindenstruth, Hans Heß und Heino Dörr als Dreigestirn die Trainingsarbeit übernahmen.

Jos erinnert sich noch Jahre später, wie wichtig bei dieser Mannschaft, die 1987 noch einmal bis ins Pokalfinale stürmte, der Zusammenhalt, die Kameradschaft, waren: „Am Anfang waren wir nur zum Essen bei Bruno im Ludwigshof. Danach verkrümelten sich alle. Im dritten Jahr musste uns Bruno nach der Sperrstunde rausschmeißen, weil keiner nach Hause wollte.“

Damals wie heute sprang der Funke einer funktionierenden Mannschaft um Jos Waniek auf die Fans über. Elf Busse begleiteten das Team nach Köln. 700 Schlachtenbummler fuhren mit zum Pokalfinale. Und Waniek war nicht zuletzt auch wegen seiner zurückhaltenden, bescheidenen Art einer der ganz großen Lieblinge
der Massen.

Dass sein Abschied nach elf Jahren dann eine kleine Träne im Knopfloch hinterließ, weil der MTV ihm keine Chance gab, mit einem letzten Spiel den Fans Lebewohl zu sagen, ist längst vergessen. Nach acht Jahren in Karlsruhe ist Josef Waniek mittlerweile schon wieder acht Jahre zurück in seiner Giessener Wahlheimat. BMW-Fahrer können ihn im Autohaus Süd-Würtele treffen, wo er Neuwagen verkauft. Basketballer können Jos nach wie vor beim Spiel beobachten. Mit der TSG Wieseck zockt er mittlerweile in der Bezirksklasse. Und auch den Weg in die Sporthalle Ost zu den 46ers schlägt er so oft es geht ein. Das hätte sich der heute 46-Jährige im Sommer 1979 wohl auch nicht träumen lassen, als er klein, jung, dribbelstark und schusssicher seine ersten Gehversuche mit Matzi Strauß beim MTV machte.

Text: Wolfgang Lehmann

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