Das „T“ gegen Robin Benzing erweist sich für die JobStairs GIESSEN 46ers als Gamechanger beim 74:69-Erfolg gegen Bremerhaven
Luis Figge drückte Stefan Fundic einen dicken Schmatz auf die Stirn. Jonathan Maier stimmte die Humba an. Und die Fans intonierten freudetrunken: „Nun dann, nun dann, ist Frankfurt endlich dran!“ Basketball in Gießen kann sooooooo schön sein …
Mit 74:69 (34:46) besiegten die JobStairs GIESSEN 46ers am Samstagabend mit den Eisbären Bremerhaven das bis dato heißeste Team der Liga, feierten ihrerseits den dritten Rückrunden-Erfolg in Serie, freuten sich in allererster Linie aber über eine Wiederauferstehung, wie sie nur in der Osthalle möglich ist. „Ich bin unglaublich stolz auf diese Jungs. Sie besitzen eine Mentalität, die ich selten erlebt habe. Sportlich machen wir alle immer mal wieder Fehler, menschlich aber fast keine“, stellte Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic einen Tag nach der Aushändigung der Halbjahreszeugnisse an hessischen Schulen seinem Team ein überragendes Führungszeugnis aus. „Diese Mannschaft gibt von Woche zu Woche alles. Es macht einfach nur Laune, sie zu coachen.“
Was die Augenzeugen eines Krimis, der in punkto Spannung die oft zeitgleich laufenden TV-Produktionen wie „Wilsberg“ oder „Stralsund“ um viele Gänsehautmomente überbot, sicher unterschrieben hätten. Denn die Hausherren starteten in den 20. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA pomadig, unsicher im Abschluss und fahrig im Defensivverhalten, worüber auch die drei schnellen Dreier durch Robin Benzing, Luis Figge und Stefan Fundic zum 9:9-Zwischenstand nicht hinwegtäuschen konnten. Beim 13:29 zu Beginn des zweiten Abschnitts wirkten die 46ers mausetot, auch beim 26:39 (15.) und beim 32:46 (19.) erweckten sie nicht den Eindruck, irgendetwas reißen zu können. Nur drei Rebounds hatten sie zu diesem Zeitpunkt einsammeln können, „ein Armutszeugnis“, wie Luis Figge später bekannte.
Doch wie schon so oft hatte Branislav Ignjatovic seine Männer in der Pause erreichen, aufwecken, motivieren, antreiben, ja schlicht an ihrer Ehre packen können. „Ich habe ihnen gesagt, dass wir es mit einem solchen Auftritt nicht verdient haben, in dieser Liga zu spielen“, fand der 57-Jährige offenbar wieder einmal die richtigen (lautstarken) Worte, denn Gießen kam völlig verwandelt aus der Kabine. „Endlich hatten wir die Energie, die nötig ist, um Spiele zu gewinnen“, wusste Center Stefan Fundic, der höchstpersönlich zu Aufholjagd blies.
Mit sechs Punkten stellte der Serbe schnell auf 42:49, ehe ein „T“, ein Technisches Foul gegen Robin Benzing, die Osthalle endgültig in ein Tollhaus verwandelte. Ex-46ers-ProB-Akteur Nick Hornsby hatte den Kapitän in Superbowl-Manier rüde umgetackelt, die Refs allerdings auf Offensivfoul erkannt und obendrein das anschließende Meckern des 35-Jährigen, der mit vier Fouls danach lange auf der Bank schmorte, geahndet. „Das war der Gamechanger für uns“, blickte Jonathan Maier zurück. „Wir hatten Wut im Bauch.“ Was Luis Figge bestätigte: „Als Robin raus musste, waren wir so angefixt, dass die Partie gekippt ist.“
Recht hatte der gebürtige Korbacher, denn die Hausherren ließen im dritten Abschnitt nur noch neun und im vierten nur noch 14 Punkte der Gäste von der Nordseeküste zu. Was deren Coach Steven Key, der 2011 als Cheftrainer und von 2015 bis 2017 als Assistent von Denis Wucherer in Gießener Diensten stand, in seinen eineinhalb Jahren bei den Eisbären so auch noch nicht erlebt hatte. „Nach der Pause haben wir jegliches Zusammenspiel eingestellt. Mit Einzelaktionen kannst du bei den 46ers und in deren Halle, wo die Stimmung wahrscheinlich einzigartig in dieser Liga ist, nicht bestehen.“
Beim 62:60 (35.) durch den zweiten erfolgreichen Dreier von Stefan Fundic (35.) war die Partie endgültig gekippt, zumal Bremerhavens Big Man Robert Oehle zu diesem Zeitpunkt per fünftem Foul bereits zum Zuschauen verurteilt war. Ein Solo von Duane Wilson zum 66:62, Roland Nyama cool von der Freiwurflinie zum 70:64 und Jonathan Maier 14 Sekunden vor Schluss zum entscheidenden 74:69 zogen den Gästen endgültig den Zahn.
„Wenn mir jemand vor dem Spiel gesagt hätte, dass wir eine Partie gewinnen, in der unsere beiden besten Scorer nur fünf ihrer 26 Würfe treffen, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt“, wollte „Frenki“ Ignjatovic im Überschwang der Gefühle nicht alles schönreden. Schließlich hatten Duane Wilson (null von vier Versuchen von der Dreierlinie) und Simon Krajcovic (null von neun) mit ihrem wüsten Geballere lange an den Nerven ihres Chefs gezerrt.
Doch die zumindest nach der Pause überragende Rebound-Bilanz mit am Ende 42 gegenüber 29 eingesammelten Abprallern, nur 13 Turnovers, 18 versenkte Freiwürfe bei 20 Versuchen (90 Prozent) sowie der starke Auftritt von Jonathan Maier, der in 24 Minuten mit einem Double-Double brillierte, versöhnten den Cheftrainer wieder. „Solche Siege sind dazu angetan, sich für die Playoffs nachhaltig ins Gespräch zu bringen.“
Gießen: Wilson (10), Crews (2), Heyne (n.e.), Herget (n.e.), Fundic (18), Benzing (9), Maier (17), Figge (5), Kahl, Kovacevic, Nyama (9), Krajcovic (4).
Bremerhaven: Cook (4), Giles (2), Frierson (6), Larysz, Reischel (6), Breitlauch (8), Charles, Oehle (7), Henningsson (6), Drescher (13), Hornsby (17).
5 gute 46ers-Zutaten
Zuschauer: 2096
Zuversicht: 18 Punkte von Stefan Fundic
Zugriff: 10 Rebounds von Jonathan Maier
Zuarbeit: 4 Assists von Duane Wilson
Zukunft: Mittwoch, 7. Februar, 19 Uhr: EPG Baskets Koblenz – JobStairs GIESSEN 46ers
04.02.24