84:81 nach Verlängerung: Vor 1400 Zuschauern in der Dresdner Margon Arena glückte den GIESSEN 46ers Rackelos am späten Sonntagnachmittag der zweite Auswärtssieg in Folge. Die Mittelhessen lagen dabei von Beginn an in Front und schraubten den Punktepuffer auf die gastgebenden Titans im dritten Viertel zwischenzeitlich bis auf vierzehn Zähler in die Höhe. Dresden kehrte jedoch ins Spiel zurück und glich mehrmals aus, verpasste es dabei aber immer wieder, selbst die Führung zu erobern. Erst in der Overtime brachten Freiwurfpunkte von Neal Thompson den ersten Führungswechsel des Spiels. „Danach haben wir Nervenstärke bewiesen, uns nicht von der hitzigen Atmosphäre in der Halle anstecken lassen und den Sieg durch dreizehn Punkte in den fünf Extraminuten nach Hause gebracht“, resümiert Headcoach Rolf Scholz zufrieden nach dem Spiel.
Den Rackelos gelang es dabei von Beginn an, Dresden von der Dreipunktelinie nicht heiß laufen zu lassen. Im bisherigen Saisonschnitt versenkten die Elbstädter knapp vierzig Prozent ihrer Würfe von Downtown. Am Sonntag waren es 33, in der ersten Halbzeit 28.5: „Unser Plan bestand darin, ihnen möglichst viele leichte Abschlüsse wegzunehmen. So mussten sie meist gegen den Mann werfen, das hat ihnen die Spiellaune verdorben“, erklärt Co-Trainer Lutz Mandler. So generierte Dresden direkt im Auftaktviertel magere vier Abschlüsse aus dem Zweipunktebereich, denen zwei Dreier aus neun Versuchen gegenüberstanden. Die 46ers zeigten sich treffsicherer: Bjarne Kraushaar (zweimal), Marian Schick und Jeril Taylor scorten von jenseits des Perimeters und legten so die Grundlage für ein 22:13 nach dem ersten Spielabschnitt.
Schnelles Umschaltspiel und Balleroberungen trugen im zweiten Viertel dazu bei, dass die Rackelos diesen Vorsprung wahren konnten. Alen Pjanic stibitzte das Spielgerät gleich im ersten Dresdner Angriff und legte Sekunden später zum 24:13 ab. Kraushaar kontrollierte kurz darauf einen defensiven Rebound, drückte im Aufbauspiel auf die Tube und bediente auf der Gegenseite Hornsby (28:19, 7:00 Minuten). Einem Jumper von Taylor ging ebenfalls ein forcierter Turnover voraus. Erst gegen Ende des Spielabschnitts deuteten die Titans durch zwei Dreier von Thompson und Janek Schmidkunz ihre Stärke bei Distanzwürfen an. Da Kraushaar kurz vor dem Pausentee aber ebenfalls einen Dreipunktewurf verwandelte, konnten die 46ers mit einer 39:34-Führung in die Kabine gehen.
Während Taylor nach zwei gespielten Minuten im dritten Viertel erneut per Dreier auf 44:36 erhöhte, litten die Gastgeber nach wie vor unter Ladehemmungen. Fastbreakpunkte von Johannes Lischka zwangen Titans-Trainer Nenad Josipovic schließlich zur Auszeit. Davon unbeeindruckt verdingte sich Hornsby im nächsten Dresdner Play erfolgreich als Balldieb, kontrollierte einen offensiven Rebound nach einem versuchten Dreier von Taylor und versenkte nach Pass von Pjanic selbst von Downtown (49:36, 6:39 Minuten).
Trotz des nun zweistelligen Rückstands steckten die Sachsen nicht auf und starteten angeführt von Schmidkunz und Thompson, die jeweils von der Dreierlinie trafen, einen Gegenlauf. Sebastian Heck brachte seine Farben per Layup zurück in Schlagdistanz, bevor Schick nach Zuspiel von Kraushaar per Dreier die nächsten Punkte für die 46ers auf die Anzeigetafel brachte (54:49, 2:17 Minuten). Vier Treffer des Centers von der Freiwurflinie sorgten dafür, dass die Hessen mit einer 58:56-Führung in die vermeintlich letzten zehn Minuten gehen sollten.
Obwohl sich beide Teams nun auf Augenhöhe gegenüberstanden, sollten die Rackelos ihren hauchdünnen Vorsprung bis in die Crunchtime der regulären Spielzeit verteidigen. Über die Stationen 60:59 (7:48 Minuten), 64:61 (5:51 Minuten) und 70:65 (2:06 Minuten) entwickelte sich ein packender Schlagabtausch. Zähler von Thompson und Heck sorgten dafür, dass das Momentum eine Minute vor Schluss bei den Titans verortet werden musste. In einer hitzigen Schlussphase wurde Schick bei noch vierzig Sekunden auf der Uhr von Heck geblockt, konnte den eigenen Korb in der nächsten Dresdner Angriffssequenz jedoch gegen Thompson ebenfalls per Block verteidigen. Bei nur noch 23 verbleibenden Sekunden und einem 69:70-Rückstand war das Josipovic-Team genötigt, die Rackelos durch taktische Fouls an die Freiwurflinie zu zwingen. Da die Teamfoulgrenze noch nicht ausgereizt war, verstrichen wertvolle Sekunden, bevor Schick an die Linie trat und einen Wurf verwandelte (71:69, 0:09 Minuten). Schmidkunz penetrierte schließlich die Gießener Zone und bestellte kurz vor dem Ertönen der Sirene Ausgleich und Verlängerung.
In dieser sahen sich die Mittelhessen nach Zählern von Thompson und zuvor Schmidkunz erstmals mit einem Rückstand konfrontiert. Selbiger ließ sich kurz darauf jedoch den Ball von Pjanic entreißen, welcher zum Fastbreak ansetzen wollte und von Heck gestoppt wurde: unsportliches Foul. Der 20-Jährige verwandelte zwar nur einen der zwei fälligen Freiwürfe, traf dafür im anschließenden Bonusangriff aber per Sprungwurf. Balsam für das mittelhessische Nervenkostüm spendierte eine Minute später Hornsby, dessen Korbleger die Führung auf 79:76 ausbaute (0:50 Minuten).
Da ein versuchter Dreier Larry Halls sein Ziel verfehlte, verlagerte sich das Spiel rund eine halbe Minute vor dem Ende erneut an die Freiwurflinie. Dort legte zunächst Pjanic vor, bevor Heck bei noch neunzehn Sekunden auf der Uhr den alten Abstand wieder herstellte (78:81). Vermeintlich clever sandte Marc Nagora schließlich Schick zurück an die Linie, traf der Routinier in der bisherigen Spielzeit doch nur ein Drittel seiner Freiwurfversuche. An diesem Nachmittag bewies Schick gleichsam Nerven aus Stahl, markierte zwei weitere Zähler und sollte mit 17 Punkten (7/8 Freiwürfen) zu einem der Matchwinner avancieren.
Zuvor schockte Nagora die 46ers Rackelos jedoch mit einem weiteren Dreipunktewurf, der die Führung der Gäste bei zehn verbleibenden Sekunden auf zwei Pünktchen schmolz: 81:83. Nun beorderten die Sachsen Lischka an die Freiwurflinie, dessen Quote in dieser Saison vor dem Spiel bei bombastischen 95% lag. Der Dramatik des Matches angemessen ließ der Kapitän einen seiner beiden Versuche liegen, weshalb es nun die 46ers waren, die Hall foulten, um einen Ausgleich per Dreier zu verhindern. Flatternde Nerven des Routiniers sorgten dafür, dass der 34-Jährige den ersten Freiwurf liegen ließ und den zweiten mit Absicht vergab, um nach einem Offensivrebound die Wende herbeizuführen. Dieser Plan ging auf: Tatsächlich schnappte sich Hall geistesgegenwärtig seinen eigenen Abpraller und brachte Schmidkunz an der Dreierlinie ins Spiel, der mit dem Buzzer die zweite Verlängerung auf der Hand hatte. Der Point Guard vergab jedoch und bescherte den 46ers am Ende eines nervenaufreibenden Duells den sechsten Saisonsieg.
Rolf Scholz (Headcoach GIESSEN 46ers Rackelos): „Wir haben in der Verteidigung viel geswitcht und so vor allem ihre US-Amerikaner in Schach gehalten. Unsere Rotation gegen tiefbesetzte Dresdner ist gut aufgegangen. Wenn du dann noch vier Spieler hast, die zweistellig scoren, sowie Kraushaar und Pjanic, die jeweils neun Punkte auflegen, dann macht so ein Sieg doppelt Spaß. In dieser Arena und bei dieser Atmosphäre muss man erstmal einen kühlen Kopf bewahren. Daher bin ich natürlich sehr stolz auf die Mannschaft.“
Nach der Extraschicht in Dresden haben die GIESSEN 46ers Rackelos nun zwei Wochen Zeit, frische Kräfte zu tanken. Weiter geht es am 02.12. mit einem Gastspiel beim FC Bayern München II. Vier Tage später (Mittwoch, 06.12., 20:00 Uhr) kommt es zum nächsten Heimspiel in der Sporthalle Gießen-Ost, ebenfalls gegen die Basketballer von der Säbener Straße.
Dresden Titans – GIESSEN 46ers Rackelos 81:84 n.V. (34:39, 71:71)
Viertelergebnisse: 13:22, 21:17, 22:19, 15:13
GIESSEN 46ers Rackelos: Bjarne Kraushaar (9 Punkte), Jeril Taylor (17, 14 Rebounds), Alen Pjanic (9), Leon Okpara (1), Johannes Lischka (15), Marian Schick (17, 7/8 Freiwürfen), Leo Vrkas, Anthony Okao (2), Nick Hornsby (14)
Dresden Titans: Bryan Nießen, Janek Schmidkunz (19), Petar Madunic (2), Helge Baues (15), Marc Nagora (7), El Hadji Malick Fall (2), Larry Hall (5), Sebastian Heck (18), Travis Thompson (13)