Im Jahr 1969 betrat ein Nachwuchsspieler die Gießener Basketball-Bundesliga Bühne, der wie nahezu alle damals ein echtes Eigengewächs war. Roland „Schokoferse“ Peters verstärkte gemeinsam mit den Youngstern Hans Heß, Uli Strack und Jochen Decker den Vizemeister und Pokalsieger der abgelaufenen Saison. Seine erste Seniorenspielzeit endete mit der erneuten Vizemeisterschaft des MTV Gießen. Aber der noch zu den Junioren zählende Nationalspieler krönte seine persönliche Spielzeit mit dem 5. A-Jugendtitel für den MTV. Assistiert wurde der damalige Topscorer übrigens unter anderem vom heutigen hessischen Innen- und Sportminister Volker Bouffier.
Bis 1981 war Roland Peters dann nicht mehr aus der 1. Bundesligamannschaft der 1846er wegzudenken. Zwei Meisterschaften (1975/1978) und zwei Pokalsiege erstritt der große Kämpfer in dieser Zeit unter Trainern wie „Dschang“ Jungnickel und Hannes Neumann. Und obwohl nur 1,87 Meter groß, wegen seiner an dunkelhäutige Spieler erinnernde Sprungkraft mit de Spitznamen „Schokoferse“ belegt, schaffte es der Flügelspieler (heute hieße er „shooting guard“ oder „echter Zweier“) mit dem sicheren Distanzschuss bis in die Nationalmannschaft und über 30 Einsätze für Deutschland.
Einen Dunking beherrschten in jenen Zeiten beinahe ausschließlich die Center. Da war ein Spieler wie Roland Peters ein spektakuläres Highlight. Mit seinen nicht einmal 190 Zentimetern vom Scheitel bis zur Sohle, jagte er bereits den Ball von oben nach unten durch die Reuse – allerdings mit einigem Anlauf. Die „Schokoferse“ war ihm allerdings nicht angeboren. Durch eisernes Training, mit Hocksprüngen auf den Schiffenberg und eingelegten Bleisohlen in den Basketballschuhen erarbeitete sich der pfeilschnelle Flügelspieler eine für damalige Verhältnisse überdimensionale Sprungkraft, die ihn in die Lage versetzten, in der noch eher von Spielwitz denn Athletik geprägten Prä-Flippers, Prä-Avitos,- Prä-46ers Zeit für Raunen auf den Rängen zu sorgen, wenn er die Nylonkugel stopfte.
Es war eben alles anders in den Zeiten des Roland Peters und seiner Spielkameraden. Den Fußballer Bosman kannte noch kein Mensch. Die Studenten holten sich Monat für Monat ihr Basketball-Bafög bei Heinz-Ewald Hirsch ab. Trainiert wurde viermal wöchentlich. Die deutschen Spieler bekamen zwischen 300,- und 800,- Mark. Und nach jeder Übungsstunde in der Osthalle ging es mit der kompleten Mannschaft zum Knobeln in die Kneipe. Vereinsheim, Käsekiste und Zwibbel hießen die Trainingstätten für die Stunden nach dem Schwitzen. Und so etwas schweißt zusammen. Das Wiedersehen der 75er-Meistermannschaft vor wenigen Wochen konnte nur auf dieser Grundlage zu einem für alle Beteiligten derart herausragenden Erlebnis werden. Peters: „Ich höre, dass die Spieler heute nach dem Training auseinandergehen wie Arbeitnehmer. Da war bei uns die Kameradschaft größer.“
Heute lebt Roland Peters als niedergelassener Zahnarzt in Friesland. Aber immer noch kommt er regelmäßig in die Gießener Heimatstadt und besucht, wann immer möglich, „seine“ Osthalle.
Text: Wolfgang Lehmann